Gesichtspunkte für die Planung von Unterricht
Vorbemerkungen
Unterricht ist ein komplexes Gefüge von Elementen und Variablen, die
sich wechselseitig beeinflussen. Man kann die Unterrichtsplanung prinzipiell
von jedem Element aus beginnen, sofern bei allen Überlegungen der
Aspekt Unterricht schon mitbedacht wird. Das heißt, daß es
keine Reflexion über Methoden, Lernziele oder Aktions- und Sozialformen
"an und für sich", also losgelöst von einem konkreten Bezugsrahmen,
geben kann, der immer von der Gesamtheit aller für Planung und Durchführung
des jeweiligen Unterrichts bedeutsamen Elemente gebildet wird. Dementsprechend
ist jeder Unterrichtsentwurf nur eine mögliche Konzeption von mehreren
denkbaren. Dabei darf nicht übersehen werden, daß nicht alleElemente
in gleicher Weise beeinflußt bzw. verändert werden können.
Die folgende Anordnung der Gesichtspunkte der Planung von Unterricht
ist folglich nicht logisch zwingend, sondern in dem Sinne pragmatisch,
daß sie dem Lehrenden, namentlich dem Anfänger im Lehrberuf,
eine für die konkrete Planung von Unterricht praktikable Strukturierung
anbieten will, die sich auf unverzichtbare Gesichtspunkte beschränkt
ohne dem Planenden Rezeption und Verarbeitung komplexer curricularer und
unterrichtstechnologischer Theorien zuzumuten. Es geht darum, eine Konzeption
von Unterricht zu entwerfen, in der die wesentlichen Elemente in einem
begründeten und begründbaren Zusammenhang stehen.
Vermeiden Sie Formulierungen, die in ihrer Allgemeinheit nichts über
die konkrete Stunde bzw. Reihe aussagen.
Thema der Reihe
Thema der Stunde
Es genügt nicht, daß der Gegenstand benannt wird. Die Themenformulierung
muß bereits die für die Stunde maßgebende didaktische
Perspektive enthalten.
Stellung der Stunde in der Reihe
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Was ist dieser Stunde innerhalb der Reihe vorausgegangen?
-
Was ist Gegenstand dieser Stunde?
-
Wie soll die Reihe fortgesetzt werden?
1. Lern- und Lehrvoraussetzungen
Wer wird unterrichtet?
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Welche Vorkenntnisse und Fertigkeiten der Schüler können Sie
voraussetzen?
-
Welche sachlichen Voraussetzungen müssen im Hinblick auf Ihr Unterrichtsvorhaben
bereitgestellt (wiederholt, gesichert oder ergänzt) werden?
-
Sind Vorwissen (aus anderen Fächern, Massenmedien, aus Privatlektüre)
oder Voreinstellungen und Vorurteile bei Schülern zu vermuten und
für die Planung zu berücksichtigen?
-
Wird die Arbeitshaltung der Schüler gefördert oder beeinträchtigt
durch
-
die Einstellung zum Fach?
-
das Verhältnis zum Lehrer?
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das Interesse am speziellen Gegenstand?
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die Bereitschaft (Fähigkeit) zu bestimmten Aktions- und Sozialformen?
-
die Vorliebe für ein Medium?
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die kraß unterschiedliche Leistungsfähigkeit einzelner Schüler?
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Sonderbelastungen (Lage der Stunde, des Klassenraums, vorausgehende oder
nachfolgende Klassenarbeit, Sportstunde u.a.)
-
Inwiefern muß die (verschiedene) soziale Herkunft der Schüler
in Rechnung gestellt werden (Sozialschicht, Wohngegend, Schullaufbahn)?
-
Wie ist die Gruppensituation zu beurteilen und zu berücksichtigen?
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Welche für das Unterrichtsvorhaben tauglichen Arbeitsverfahren beherrschen
die Schüler bereits? (Gesprächsführung; Arbeitsteilung;
Auswertung einer Karte, eines Diagramms, einer Statistik; Anordnung und
Auswertung von Versuchen u. a. m.).
-
Ergeben sich Schwierigkeiten oder Hindernisse für die Anwendung einerUnterrichtsform
durch Klassenfrequenz, die Sitzordnung, den Klassenraumoder die Auswahl
bzw. Kombination der Schüler in dieser Stunde?
Wer unterrichtet?
-
Reflektieren Sie
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Ihr eigenes Interesse
-
besondere Sachkenntnisse oder auch geringere Vertrautheit mit der Sache
-
Einstellungen
-
Beherrschung bestimmter Methoden
-
Schwierigkeiten mit anderen
-
Ihren Kontakt zu den Schülern
-
Ihre Kenntnis der Fragen, Interessen, Bedürfnisse, Erfahrungen und
Erwartungen der Schüler.
-
Welche medialen Voraussetzungen sind an Ihrer Schule gegeben?
-
Welche Möglichkeiten bieten sich unter Berücksichtigung der Festlegungen
und Freiräume der Richtlinien, Curricula und schulinternen Vereinbarungen?
2. Didaktische Gegenstandsanalyse
Was soll und kann der Schüler an diesem Gegenstand lernen?
-
Wie läßt sich dieser Stoff als Gegenstand von Unterricht legitimieren?
-
Wofür ist der Gegenstand repräsentativ? (z.B. für welchen
bestimmten Sinn- und Sachzusammenhang, für welches Phänomen,
Prinzip, Gesetz, Problem oder Kriterium?)
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Welche Methode, Technik oder Haltung läßt sich in der Auseinandersetzung
mit ihm gewinnen?
-
Welche allgemeine erzieherische Bedeutung kommt ihm zu?
-
Welchen konkreten "Gebrauchswert" kann dieser Gegenstand/ dieses Thema
für die Schüler haben?
Wie ist der Gegenstand strukturiert?
Man kann nicht in allen Fällen davon ausgehen, daß der Lehrer den
zu vermittelnden Stoff auf Anhieb beherrscht. Zudem ist zu bedenken, daß
Sachzusammenhänge bereits wissenschaftlich umstritten bzw. offen sein
können. In beiden Fällen wären etwa folgende Vorarbeiten
zu leisten: Man wird sich über die Sache selbst informieren, d.h.
umfangreiches Material und Informationen sammeln und zusammenstellen. Das
Zusammenstellen der Informationen dient dazu, sich selbst in die Materie einzuarbeiten,
Bezüge oder Verbindungen zu anderen Sachverhalten zu erkennen, um das
Wesentliche des Sachverhalts zu erarbeiten.
-
Wie komplex ist der Sachverhalt?
-
Welcher Art ist die Sachsystematik (etwa logischer Zusammenhang, Kausal-
oder Wirkungszusammenhang)?
-
In welchem größeren Zusammenhang steht der Sacherhalt?
-
Unter welchen Teilaspekten ist er zu betrachten, wie hängen sie untereinander
zusammen?
Wie ist der Gegenstand didaktisch zu reduzieren?
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Welcher (Teil-) Aspekt bzw. welche (Teil-) Aspekte sollen betrachtet werden?
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Wie ist die Auswahl der Aspekte zu begründen?
-
Wie ist der Gegenstand zu elementarisieren?
-
Wie läßt sich der Gegenstand zugänglich machen (im Hinblick
auf den Erfahrungshorizont der Schüler, besondere Lernschwierigkeiten,
Möglichkeiten der Veranschaulichung)?
Welche Lernziele sollen erreicht werden?
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Welches Stundenziel, verstanden als Grundintention der Stunde, ergibt sich
aus den didaktischen Überlegungen?
-
In welche möglichen konkreten Teillernziele läßt sich das
übergeordnete Stundenziel aufgliedern?
3. Unterrichtsorganisation
Die Eigenart des Lernprozesses verlangt, daß der Unterricht in Phasen
gegliedert wird. Es gibt eine Reihe von Artikulationsmöglichkeiten,
die sich als hilfreich erwiesen haben. Zu warnen ist aber vor jeder Artvon
Schematismus. Es genügt nicht, die Schritte (Stufen, Phasen) zu benennen,
die jeweiligen Stoffelemente müssen der Gliederung zugeordnet werden.
Beachten Sie bitte, daß die einzelnen Schritte nicht Additioneinzelner
Stoffelemente, sondern Progression zu einer zentralen Einsicht bzw. zu
gesicherten Fertigkeiten sind.)
Welche Lernschritte ergeben sich aus der Planung?
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Welche Lernschritte müssen getan werden?
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In welche Abfolge sollen sie gebracht werden?
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Wo soll der Schwerpunkt liegen?
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Wie lange sollen die einzelnen Phasen dauern?
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Sollen die einzelnen Schritte des Lernprozesses den Schülern bewußt
gemacht werden?
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Wie sollen sie bewußt gemacht werden?
-
Können einzelnen Unterrichtsphasen Teillernziele zugeordnet werden?
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Wo ist der Unterricht sinnvoll abzuschließen, wenn sich der Unterrichtsplan
in der vorgesehenen Zeit nicht verwirklichen läßt?
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Lassen sich bei Offenheit für Schüleraktivitäten und -reaktionen
alternative Stundenverläufe planen?
Welche Sozial- bzw. Aktionsformen sollen gewählt bzw. praktiziert
werden?
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Welcher Art ist die Beziehung der intendierten Sozial- und Aktionsformen
a) zu den Lernzielen, b) zum Entwicklungsstand der Schüler?
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Was kann von den Schülern, was mit den Schülern erarbeitet werden?
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Sollen die Schüler selbständig arbeiten, einzeln oder in Gruppen?
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Wie wird die Gruppierung vorgenommen?
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Welche Unterrichtsformen sind den verschiedenen Phasen der Unterrichtseinheit
angemessen?
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Kann Denkanstößen der Schüler nachgegangen, das Verfahren
ggf. gewechselt, der Unterrichtsgang geändert werden?
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Wie kann auf unterschiedliche Schülerreaktionen bzw. -aktionen reagiert
werden?
Für welche Medien entscheiden Sie sich?
Welche Formen der Ergebnissicherung sollen eingesetzt werden?
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Welche überprüfbaren Tätigkeiten der Schüler können
zeigen, ob Kenntnisse, Einsichten oder Fertigkeiten erreicht worden sind?
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Welche Signale sind darüber hinaus zu beobachten, die zumindest mittelbar
erkennen lassen, daß die Schüler einen Sachverhalt verstanden
haben oder von einer Fragestellung betroffen sind?
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Ist eine immanente, eine phasenweise oder eine abschließende Lernerfolgskontrolle
angebracht?
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Wie können die Teilziele überprüft werden?
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Wie soll die Wandtafel eingesetzt werden?
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Wie wird das Erarbeitete (Erkenntnisse, Fertigkeiten) festgehalten, geübt,
vertieft, verknüpft?
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Wie lassen sich die Unterrichtsergebnisse für alle Schüler soweit
sichern, daß sie eine gemeinsame Plattform für die Weiterarbeitbieten?
Welche Hausaufgaben ergeben sich aus der Planung der Stunde?
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Welcher Art sind die intendierten Hausaufgaben, festigend, übend,
vertiefend, ergänzend, weiterführend?
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Können die Schüler bei der Festlegung der Hausaufgaben beteiligt
werden?
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Welche alternativen Hausaufgaben bieten sich an, falls die Stunde an einer
anderen Stelle als der beabsichtigten geschlossen werden muß?
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Wie sollen Hausaufgaben verwertet werden?
4. Verwendete Literatur
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