Abschlußbefragung zu Demonstrationsprojekten WLAN
Andreas Schwill
Institut für Informatik - Universität Potsdam
schwill@cs.uni-potsdam.de
25.05.2001
1. Zu welchem Zeitpunkt war Ihr Funknetz betriebsbereit und wann standen
an mind. 2 Fachbereichen Netzkarten für Studierende zur Verfügung?
Das Funknetz war für vier Standorte der Universität projektiert.
Am Hauptstandort "Neues Palais" war es im Dezember 2000 betriebsbereit,
nachdem es dort bereits vorher durch ausgewählte Testnutzer in und
außerhalb von Lehrveranstaltungen erprobt worden war. An den anderen
Standorten wurde es im Rahmen der offiziellen Eröffnung Ende April
2001 zur allgemeinen Nutzung übergeben.
Im März 2001 standen Netzkarten für mind. zwei Fachbereiche
zur Verfügung.
2. Wie viele Access-Points und wieviele Netzkarten wurden definitiv installiert?
Es wurden 40 Access-Points installiert und 480 Netzkarten beschafft. 40
Netzkarten sind zur Bestückung der Access-Points erforderlich. 440
stehen zur Ausgabe an interessierte Nutzer bereit, davon wurden 50 Karten
für eine Schwankungsreserve (Sonderveranstaltungen, spezielle Lehrmaßnahmen
etc.) reserviert. Von den zur Dauerausleihe bestimmten Karten sind zur
Zeit ca. 230 Stück ausgegeben.
3. Wie viele Laptops wurden beschafft und wie viele sind insgesamt in Ihr
Funknetz eingebunden?
Im WLAN-Programm waren keine Notebooks beantragt. Die Universität
Potsdam hat stattdessen im Rahmen einer größeren Beschaffung
(sog. Forschungs- und Migrationspool zur Aktualisierung bestehender Rechnerbestände)
aus Zentralmitteln der Universität und den Budgets der Nutzer insgesamt
30 Notebooks beschafft. Eine Übersicht, wieviele dieser Notebooks
aus Anlaß des Funknetzes beschafft worden sind, liegt nicht vor.
In einem zweiten Verfahren wird eine Sammelbestellung für Notebooks
vorbereitet, an der sich alle Angehörigen der Universität für
dienstliche oder private Zwecke beteiligen können. Die Angebote hierzu
werden zur Zeit gesichtet und Verhandlungen mit potentiellen Lieferanten
geführt. Das Verfahren soll bis zum Sommer abgeschlossen sein.
4. Welche Verfahren wurden gewählt, um möglichst viele Studierende
und Universitätsangehörige in den Besitz von Laptops und Netzkarten
zu bringen?
Netzkarten: Durch mehrfache Ankündigungen im Email-Verteiler
der Universität und der Hauszeitschrift, durch Berichte in der lokalen
Presse, durch eine ständig aktualisierte Homepage mit Zusatzinformationen
sowie durch Informationsveranstaltungen an den Standorten der Universität
wurde auf das WLAN-Projekt und das damit verbundene Notebook-Programm hingewiesen.
Interessierte hatten die Gelegenheit, sich unter Angabe von geplanten Nutzungskonzepten
unverbindlich anzumelden. Die angegebenen Nutzungskonzepte dienten allein
statistischen Zwecken und wurden nicht inhaltlich bewertet; in voller Absicht
sollten keine Hürden beim Zugang zu Netzkarten aufgebaut werden, da
nur dann erwartet werden kann, daß diese Technik auf breite Akzeptanz
stößt. Zugleich wurde abgefragt, welches Kostenbeteiligungsmodell
bevorzugt würde (Miete, Leasing, Kauf). Zu diesem Zeitpunkt ging die
Universität noch davon aus, daß sie wenigstens einen Teil der
geförderten Ausgaben über Gebühren und Kostenbeteiligung
auf die Nutzer umlegen könnte. In diesem Fall - und das wäre
aus Sicht der Universität und unter den knappen Haushaltsbudgets die
Ideallösung gewesen - hätte die Universität die erzielten
Rückflüsse für einen weiteren Ausbau des Funknetzes eingesetzt.
Tatsächlich hätten die Einnahmen jedoch aufgrund des Bewilligungsbescheids
an das BMBF zurückgegeben werden müssen. Daher wurde auf ein
Gebührenmodell verzichtet.
Bis zum 21.5.01 gingen insgesamt 192 Anmeldungen für 248 Netzkarten
ein. Bemerkenswert ist der rasante Anstieg nach Beginn der Netzkartenausgabe.
Trotz relativ umfangreicher Vorabinformationen deutet vieles daraufhin,
daß zunächst eine gewisse Skepsis gegenüber der neuen Technik
bestand. Nach Ausgabe der Karten und ersten Erfahrungen greifen jedoch
offenbar Multiplikatoreffekte durch die Erstnutzer und sorgen für
einen permanenten Zustrom von Interessierten.
Laptops: Eine Versorgung Interessierter mit Laptops war aus dem
WLAN-Programm nicht vorgesehen. Stattdessen wurde mit dem o.g. Fragebogen
zugleich unverbindlich abgefragt, ob Interesse an der Beteiligung an einer
gemeinsamen Sammelbestellung von Notebooks bestände und welche Kostenumlegung
(Miete, Kauf, Leasing) dann bevorzugt würde.
Bis zum 25.5.01 gingen insgesamt 120 Notebookwünsche ein. Es wird
damit gerechnet, daß in einer ersten Tranche mindestens 70 Geräte
kontraktiert werden.
5. Nenne Sie bitte konkrete Nutzerzahlen.
Vgl. oben: Stand 25.5.01: 230 Nutzer
6. Führen Sie bitte aus, wie die Akzeptanz dieser Technologie bei
den Nutzern zu bewerten ist. Wie manifestiert sich diese?
Nach einer gewissen Phase der Unsicherheit über die Möglichkeiten
(und vielleicht auch Gefahren) der WLAN-Technik zu Beginn der Maßnahme
im Herbst 2000 können wir nach umfangreicher inneruniversitärer
Information, erst recht nach Aufnahme des offiziellen Betriebs von einer
hohen Akzeptanz sprechen. In erster Linie beruht dies auf folgenden Beobachtungen:
-
Interessierte mußten durch die Art des Fragebogens (s.o.) davon ausgehen,
daß Ihnen die Technik auf der Client-Seite nicht kostenlos zur Verfügung
stehen würde, sondern daß sie die Funknetzkarten zum Ladenpreis
von ca. 350 DM zu erwerben bzw. zu leasen oder zu mieten hätten. Dies
hat weder Kritik ausgelöst noch zu einer erkennbaren Zurückhaltung
geführt. Offenbar sind Mehrwert und Mehrkosten einer drahtlosen Lösung
(vielleicht auch durch bestehende Erfahrungen mit Mobilfunk) hinreichend
verständlich und werden akzeptiert.
-
Auch die Bereitschaft zum Erwerb von Notebooks ist hoch.
-
Studenten, die bereits ein Notebook besitzen, haben positiv hervorgehoben,
daß sie nunmehr ihre vorhandene Technik unbürokratisch in das
Universitätsnetz einbinden können. Ihr Notebook wird damit zum
ständigen Begleiter und Arbeitsmittel im Studienbetrieb, während
sie bis dahin gewissermaßen mit zwei voneinander unabhängigen
Systemen arbeiten mußten (am PC zuhause und am PC an der Uni).
-
Aus den wenigen Rückmeldungen bis jetzt, die sich meist auf technische
Probleme beschränken, kann geschlossen werden, daß das System
stabil läuft und Erwartungen hinsichtlich Performanz und Reichweite
weitgehend erfüllt.
7. Nennen Sie bitte die Fachbereiche und Räumlichkeiten, die in das
Funknetz eingebunden wurden.
Eingebunden wurden zentrale bisher z.T. netztechnisch unversorgte Bereiche
an folgenden vier Standorten der Universität: Am Neuen Palais, Golm,
Babelsberg und Griebnitzsee. Damit sind nahezu alle Hörsäle,
viel frequentierte Freiflächen, einige Sozialräume, Teile der
Standortbibliotheken sowie einige Außenbereiche abgedeckt, soweit
es die Abstrahlung zuläßt.
Eine genaue Aufstellung der abgedeckten Bereiche befindet sich unter
http://www.uni-potsdam.de/u/zeik/wlan/abdeckung_wlan.htm
Durch die Konzentration auf Zentralbereiche sind damit alle Fachbereiche
der Universität in der Lage, das WLAN zu nutzen. Entsprechend liegen
aus allen Fachbereichen Kartenorders vor.
8. Beschreiben Sie bitte exemplarisch multimediale Anwendungsszenarien.
Interessierte am WLAN waren gefordert, sich unter Nennung von Nutzungskonzepten
für eine Funknetzkarte registrieren zu lassen. Folgende Nutzungsszenarien
wurden genannt (Auswahl):
Lehre
-
Nutzung von Online-Tutorien und elektronischen Begleitmaterialien zu Vorlesungen
-
Zugang zu aktuellen Informationen aus Datenbanken für Juristen
-
Demonstration von Steuerung und Datenaufnahme von wiss. Großinstrumenten
-
Vorführung von Modell-Simulationen
-
"virtual observatory" für astronomische Beobachtungen
-
Ringvorlesung an wechselnden Lehrveranstaltungsstandorten, die bisher keine
Internetanbindung hatten
-
Daten und Metadaten vom Internet in Veranstaltungen einbeziehen
-
Einbeziehen tagesaktueller Fälle des Wettbewerbsrechts durch Recherche
im Internet, Stand und Entwicklung der nationalen Gesetzgebungsvorhaben
-
Zugang zu amerikanischen geolinguistischen Kartendatenbanken
-
Marketing-Planspiele
Forschung
-
Auswertung von experimentellen Daten von externen Großgeräten
-
Nutzung der Onlinedienste von Mittelalterdatenbanken
-
Einsatz in der Bibliothek (Recherche, Zeitersparnis, Kopierverringerung)
-
Online-Datenerhebung (Web questionnaires in Feldexperimenten auf dem Campus,
Online-Lab für kognitionspsychologische Experimente)
-
Datenaustausch zwischen GPS- und Laser-Theodolith-Stationen
-
Fernsteuerung von Meßplätzen bei überlangen Experimenten
9. Hat sich die Netto-Übertragungsgeschwindigkeit für multimediale
Anwendungen als hinreichend erwiesen? Wie viele Mbit/s?
Die Projektleitung hat am Uni-Standort Neues Palais in der Testphase mehrere
Feldversuche durchgeführt. Dabei wurden auf einem älteren Notebook
Übertragungsraten von 250KBit/s bis 600KBit/s im Download erreicht.
Die Raten stimmten weitgehend mit denen überein, die mit dem Gerät
drahtgebunden erreicht wurden. Verzögerungen waren nicht erkennbar.
Für Browser-Nutzung ist die Geschwindigkeit in jedem Fall ausreichend.
Die Übertragungsrate im Vorlesungsbetrieb (nur Dozent als Nutzer
des WLAN) erwies sich als ausreichend, um auf multimediale Daten aller
Art zugreifen zu können. Berichte oder Erprobungen mit Veranstaltungen,
in denen auch die Hörer konzertiert auf das Netz zugreifen, liegen
noch nicht vor.
10. Welche Sicherheitskonzepte wurden implementiert?
Nach mehreren Versuchen mit unterschiedlichen Konzepten zur Beschränkung
des Zugangs zum WLAN wurde schließlich ein virtuelles privates Netzwerk
eingerichtet. Der Zugang erfolgt Passwort-gesichert (mit Verschlüsselung
bei der Übertragung). Alle weiteren Netzaktivitäten erfolgen
unverschlüsselt, sofern nicht ein selbstverschlüsselnder Dienst
(https, ssh o.ä.) genutzt wird. Alle Nutzer wurden auf die bestehende
Sicherheitsproblematik hingewiesen mit der Empfehlung, soweit möglich,
die entsprechenden gesicherten Verbindungen zu nutzen, z.B. zum Email-Abruf
die angebotene SSL-verschlüsselte Plattform des Rechenzentrums.
Noch zu lösen ist die Verschlüsselung der Daten im VPN.
11. Beschreiben Sie bitte stichwortartig die Hauptprobleme in der Implementierungs-
bzw. der Nutzungsphase des Funk-LANs.
-
Probleme bei der kurzfristigen Beschaffung der WLAN-Komponenten durch haushaltsrechtliche
Probleme (Umgehung der Ausschreibung) nach der Bewilligung
-
diverse Sicherheitslücken: universeller Schlüssel für alle
Nutzer bei der Kommunikation mit Basisstationen, Authentifizierung über
MAC-Adressen zu aufwendig, MAC-Adressen änderbar, aufwendige Zuordnung
eines zusätzlichen Passwortes in der schließlich gewählten
Lösung
-
Zwang durch ANBest-P, die Netzkarten kostenlos abgeben zu müssen,
obwohl die Nutzer zur Zahlung bereit gewesen wären, und damit ein
weiterer selbsttragender Ausbau des WLAN finanzierbar gewesen wäre
12. Wie hoch war die Kostenersparnis durch die Implementierung des Funknetzes
gegenüber der konventionellen Festnetztechnologie?
Keine präzisen Angaben möglich, da Vergleichsmöglichkeiten
fehlen. Einige entlegene bisher unversorgte Bereiche der Universität
konnten durch das WLAN nun an das Uni-Netz angebunden werden. Die Kostenersparnis
hierfür war erheblich.
13. Der zentrale Fördergedanke war die Demonstration der Tauglichkeit
der Funkvernetzung für die multimediale Lehre und die Erhöhung
von Mobilität und Flexibilität, verknüpft mit der mittelfristigen
Vorstellung von neuen Formen des Lehrens und Lernens bis zur Etablierung
einer neuen Lernkultur.
Bitte geben Sie uns unter Bezug auf Ihre Implementierung und Ihre bisherigen
Erfahrungen eine erste Einschätzung
-
zur Nutzung des Funklans in der Präsenzlehre.
Die Nutzung des WLAN in der Präsenzlehre kann noch nicht beurteilt
werden. Angesichts der Neuheit und der geringen Erfahrungen besteht die
Nutzung durch die Lehrenden zur Zeit aus Einzelansätzen unter sanfter
Einbindung von Netzzugriffen. Besonders erfahrene Lehrende haben experimentelle
Veranstaltungen mit höherem Multimedia-Grad (Nutzung des WLAN durch
den Lehrenden und gleichzeitig durch 10 Hörer an 5 Notebooks, gleichzeitig
Live-Übertragung der Veranstaltung in das Netz über Notebook)
ohne Probleme durchgeführt. Bezogen auf die Leistungsfähigkeit
des Netzes und den flexiblen Zugang an jedem Veranstaltungsort kann die
WLAN-Lösung zum gegenwärtigen Zeitpunkt also als uneingeschränkt
positiv beurteilt werden.
-
zur Nutzung des Funklans für das Selbststudium.
Ohne derzeit beurteilen zu können, welche Tätigkeiten bei
den Studierenden dominieren, ist erkennbar, daß sich, mehr noch als
bei den Lehrenden, ein Teil der erwarteten Effekte hinsichtlich Mobilität
und Flexibilität bereits realisiert hat. Studierende nutzen ihre vorhandenen
Laptops vor allem auf Freiflächen und in Sozialräumen, aber auch
während der Lehrveranstaltungen. Zuvor war eine Nutzung von Laptops
eher selten.
Um sichere Einschätzungen zu erhalten, erhalten alle Teilnehmer am
WLAN nach Abschluß des SS2001 einen ausführlichen Fragebogen
mit der Bitte um Beschreibung der Nutzungsszenarien, der Nutzungsintensität,
Problemen etc.
14. Feld für Probleme, Anregungen und Kritik
Außer den bereits unter 11 genannten Kritikpunkten und den Bemerkungen
zur Sicherheitsproblematik sind wir nach aktuellen Erkenntnissen mit den
erreichten Ergebnissen sehr zufrieden, wobei natürlich noch wenig
"harte" Erfahrungen vorliegen.
Für die Zukunft besteht noch folgender Handlungsbedarf:
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Ausgerüstet wurden im WLAN-Programm einzelne Universitäten mit
Demonstrationsprojekten. Noch ungeklärt ist aus Sicht der Universität
Potsdam, mit welchen Maßnahmen eine flächendeckende Ausstattung
erreicht werden kann. So liegt der Flächendeckungsgrad der Universität
Potsdam bei ca. 20-30%.
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Auch die Ausrüstung mit Notebooks ist zur Zeit noch unzureichend und
wahrscheinlich die größte Hürde bei der integralen Nutzung
des WLAN durch alle Universitätsangehörigen. Während eine
Finanzierung für Lehrende aus Haushaltsmitteln noch realisierbar erscheint,
liegt eine flächendeckende Verbreitung von Notebooks unter Studierenden
noch in weiter Ferne. Denkbar wäre ein Angebot von Notebooks oder
sogar eine Zuteilung schon bei der Einschreibung mit Anteilsfinanzierung
durch die Studierenden.
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Die aktuelle Entwicklung im Funk-LAN-Bereich ist sehr dynamisch, die Abschreibungszeiten
der realisierten Lösungen folglich sehr gering. Daher ist hier mit
schnellen Technologiewechseln und hohen Erhaltungsaufwendungen zu rechnen,
die finanziert werden müssen. Hier sind innovative Finanzierungs-
und Nutzungskonzepte unter Beteiligung aller Parteien (Bund, Land, Universität,
Nutzer, Industrie) gefordert.
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Benutzer: gast
Besitzer: schwill Zuletzt geändert am:
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