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DLR, IT-GE
Dr. Matthias Barth
Internet-Telefonie: Heutiger Status und zukünftige Potentiale
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1. Historisches
Neben dem Ausdruck ãInternet-Telefonie" sind u.a. die Bezeichnungen
ãIP-Telefonie" und ãVoice over IP" bzw. VoIP gebräuchlich. Die Idee,
das Internet als Transportmedium für die Telefonie zu nutzen, wurde
erstmals von der israelischen Firma VocalTec im Jahre 1995 auf den Markt
gebracht. Die Technik arbeitete zunächst nur halbduplex, d.h. die
beiden Gesprächspartner konnten wie beim CB-Funk nicht gleichzeitig
sprechen, und sie war auf PCs beschränkt. Heutige Verfahren sind vollduplex
und auch für konventionelle Telefonanlagen ausgelegt. Trotz des zunächst
massiven Widerstands von über 100 US-amerikanischen Telefongesellschaften,
die ein Verbot von entsprechender IP-Telefonsoftware gefordert hatten,
wurden Internet-Telefoniedienste durch die US-Bundesbehörde für
das Fernmeldewesen zugelassen und diesen letztlich damit auch in Europa
der Weg geebnet.
2. Technische Grundlagen
Grundsätzlich unterscheidet man drei Varianten bei der Internet-Telefonie:
(i) Von PC zu PC.
(ii) Von PC zu Telefon oder umgekehrt.
(iii) Von Telefon zu Telefon.
Neben Sprachtelefonie und E-mail sind Fax- und Videodienste sowie Voice
Mail über das Internet im Angebot. Die Vereinheitlichung von Hard-
und Software dieser verschiedenen Formen der Kommunikation wird mit dem
Schlagwort ãUnified Messaging" betitelt.
Sofern bei einem Internet-Telefonat unter den involvierten Endgeräten
(Telefone und/oder PCs) ein PC ist, so muß dieser multimediafähig
sein, d.h. er muß über eine Soundkarte, Lautsprecher und ein
Mikrofon verfügen. Zusätzlich sind die Installation einer speziellen
Telefonsoftware und ein Internetanschluß vonnöten. Ist der Angerufene
nicht online, so ist er auch nicht über seinen PC erreichbar.
Für die verwendeten Telefone und die Art des Anschlusses, d.h.
digital oder analog, bestehen i.a. keine technischen Beschränkungen,
mit Ausnahme dessen, daß das Telefon in der Regel nach dem Tonwahlverfahren
arbeiten muß. Mobiltelefonie ist für die VoIP-Technik, zumindest
grundsätzlich, ebenfalls geeignet, auch wenn die ersten Entwicklungen
sich auf ans Internet angebundene stationäre PCs und Festnetztelefone
konzentrierten. Nach der für 2002 geplanten Einführung von UMTS
als Mobilfunkstandard wird eine mobile Internetnutzung mit Datenübertragungsraten
von 2 MBit/s möglich werden, doch ist ein Zugang des Endgerätes
zum Internet keine Grundvoraussetzung, um IP-Telefonie betreiben zu können.
Bei der Internet-Telefonie sind mit dem Telefonnetz und dem Internet
zwei ursprünglich separate Typen von Netzen beteiligt. Zwei konventionelle
Telefonverbindungen werden für die Wegstrecken vom Anrufer und vom
Angerufenen bis zum jeweiligen nächsten Einwahlknoten genutzt, das
Internet für die i.a. sehr viel längere Wegstrecke zwischen den
Einwahlknoten.
Essentielle Komponenten bei der IP-Telefonie mit Telefon(en) als Endgerät(e)
sind spezielle Gateways, die die Schnittstellen zwischen dem konventionellen
Telefonnetz und dem Internet darstellen. Sofern PCs in das Internet-Telefonat
involviert sind, können die Gateway-Funktionen softwaremäßig
direkt durch den PC des jeweiligen Gesprächspartners übernommen
werden. Das Telefonsignal des Anrufers wird, falls nötig, digitalisiert
sowie anschließend komprimiert und paketiert. Die Kompression ist
notwendig, um die zur Verfügung stehende und i.a. limitierte Bandbreite
effektiver nutzen zu können; die Paketierung, um den Weitertransport
über das Medium Internet zu ermöglichen. Die gewählte Rufnummer
wird in eine IP-Adresse übertragen und zusammen mit dem IP-Header
versendet. Wenn die IP-Pakete, nachdem sie durch das Internet geroutet
worden sind, im Ortsbereich des Angerufenen eintreffen, werden die einzeln
verschickten Pakete, je nach verwendeter VoIP-Variante, entweder von einem
Zielgateway oder von dem angewählten Rechner des Angerufenen zusammengesetzt
bzw. entpaketiert. Die Signale werden dekomprimiert, analogisiert und durch
geeignete Hardware in hörbare Sprache umgewandelt.
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3. Wirtschaftliche Vorteile für Nutzer
von VoIP
Hauptvorteil für Nutzer der IP-Telefonie ist eine signifikante
Kostensenkung insbesondere bei Ferngesprächen, da für die Telefonverbindung
von und zu den Einwahlknoten in der Regel lediglich Ortstarife anfallen,
für die eigentliche Fernverbindung jedoch nur die niedrigeren Kosten
für Internetzugang und -nutzung. Nach Angaben von Dataquest ist bei
Ortsgesprächen eine 30-40%ige, bei internationalen Ferngesprächen
sogar eine 90%ige Reduktion der Kosten möglich.
Durch Kompressionsverfahren lassen sich bestehende Leitungen sehr viel
effektiver nutzen, d.h. es können z.B. auf einem ISDN-Kanal bei Verwendung
optimierter Kompressionsalgorithmen mehr als 10 Telefonate gleichzeitig
geführt werden. Besonders für Unternehmen mit bereits bestehenden
breitbandigen Intranets ist von einer erheblichen Kostenreduktion auszugehen,
vor allem dann, wenn es sich um international tätige Firmen mit zahlreichen
Filialen im Ausland handelt.
In den USA sind Ortgespräche sehr preiswert, mitunter sogar kostenlos,
und damit fallen bei VoIP nur Kosten für den Internetzugang und die
Internetnutzung an. Für Gespräche innerhalb von Deutschland ist
es derzeit aufgrund des Preiskampfes zwischen der Deutschen Telekom und
den privaten Telekommunikationsanbietern um die wirtschaftliche Konkurrenzfähigkeit
der Internet-Telefonie schlechter bestellt. VoIP ist hierzulande bisher
in der Regel nur für internationale Gespräche wirtschaftlich
interessant.
Ein erhebliches Kosten-Einsparungspotential wird insbesondere auch
beim Faxdienst gesehen. Etwa 40 Prozent des Volumens im internationalen
Telefonverkehr entfallen auf diese Form der Kommunikation, und weltweit
werden dafür jährlich ca. 45 Mrd. US$ ausgegeben. Amerikanische
Marktbeobachter rechnen damit, daß die Faxkosten mit dem Internet
als Transportweg noch stärker fallen werden als die Kosten für
IP-Sprachtelefonie. Damit in Deutschland flächendeckend zum Ortstarif
über das Internet Faxe verschickt werden können, ist eine Anzahl
von ungefähr 180 Fax-over-IP-Gateways vonnöten.
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4. Technische Nachteile
Das Internet ist ursprünglich nicht für Sprachübertragung
konzipiert worden, was eine Reihe von technischen Nachteilen zur Konsequenz
hat:
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Heutige Internet-Router arbeiten im allgemeinen langsamer als Telefon-Switches.
Zudem routen sie Datenpakete häufig auf großen Umwegen zum Zielort,
wodurch Echtzeitanwendungen beeinträchtigt sind.
-
Die Tonqualität hängt essentiell von der momentanen Netzbelastung,
aber auch von durch den Endnutzer festlegbaren Faktoren wie Rechnerleistung,
Soundkarte, Software und Netzzugang ab. Generell erreicht sie jedoch häufig
nicht die gewohnte Qualität konventioneller Telefonie, was sich in
Verzerrungen, Rauschen, Echos und sogar im Verlust einzelner Datenpakete
bemerkbar macht. Zur Abschwächung der Qualitätsminderungen sind
zum einen vorausschauende Fehlerverbesserungssysteme im Einsatz, zum anderen
Technologien zur Überbrückung von Gesprächspausen. Selbst
die Verwendung ausgereifter Komprimierungsmethoden zieht zuweilen einen
Verlust an Tonqualität nach sich, und die heutigen Netzkapazitäten
lassen meist keine unkomprimierte Übertragung zu.
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Die Verzögerungszeiten, ein unerwünschtes Resultat der Signalverarbeitung
und der Fehlerkorrekturen, betragen typischerweise mehrere Zehntelsekunden.
In unternehmenseigenen Intranets gibt es nur ein bis zwei Routersprünge
und auch kaum Paketkollisionen und -verluste, wohl aber in dem sehr viel
komplexeren öffentlichen Internet, wo es nicht nur zahlreiche Routersprünge
(typischerweise 15-30), sondern auch ständige Richtungsänderungen
mit daraus resultierender ãzerhackter" Übertragung gibt.
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Durch das Reservieren von Bandbreiten und durch bevorzugtes Routen von
Sprachpaketen anstelle von Datenpaketen wird zwar die Qualität des
Dienstes selbst zu Zeiten höchster Netzbelastung sichergestellt, gleichzeitig
jedoch auch die eigentlich angestrebte Kostensenkung in Frage gestellt.
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Bisher ist die IP-Telefonie nur unzureichend standardisiert, was die Kommunikationsmöglichkeiten
entscheidend einschränkt. Sofern bei der Variante PC zu PC der Angerufene
nicht die selbe Telefonsoftware wie der Anrufer benutzt, ist er i.a. auch
nicht erreichbar. Ein vorrangiges Bestreben des ãVoice over IP Forums"
ist es, die weit verbreiteten proprietären Lösungen durch internationale
Normen wie z.B. den ATM-Standard H.323 zu ersetzen. Der Interoperabilitätsinitiative
ãI-now" von Vocaltec und Lucent haben sich etliche andere Firmen angeschlossen,
darunter auch Siemens.
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Firewalls erschweren die IP-Telefonie oder machen sie in Einzelfällen
sogar unmöglich.
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Zuweilen werden Sicherheitsbedenken geäußert, daß Telefonate
über das öffentliche Internet möglicherweise leichter abgehört
werden können.
In Anbetracht der ständigen Weiterentwicklung von IP-basierten Techniken
und Endgeräten ist eine signifikante Verbesserung der Übertragungsqualität
zu erwarten. So sind die Backbone-Kapazitäten des Internets stark
auszubauen, damit je nach Bedarf höhere Bandbreiten zur Verfügung
gestellt werden können, ohne sogleich an die Grenze der Vollast zu
geraten, und die heute gebräuchlichen Router sind durch schnellere
und ãintelligentere" Switches zu ersetzen. Interessant ist in diesem Zusammenhang
z.B. eine Neuentwicklung der israelischen Firma BATM, die Photonen-Switches
entwickelt hat, welche völlig verzögerungsfrei arbeiten und sämtliche
Routingfunktionen leisten können.
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5. Welche VoIP-Anbieter gibt es heute?
In Deutschland haben mit der Deutschen Telekom bzw. T-Online und der
Bertelsmanntochter mediaWays im wesentlichen zwei Unternehmen Fuß
gefaßt bei der IP-Telefonie, aber Mannesmann Arcor, Viag Interkom,
Otelo und etliche andere Unternehmen ziehen bereits nach. Vorwiegend solchen
kommerziellen Anbietern sind Chancen einzuräumen, die über eigene
Netzwerke verfügen und nicht ausschließlich auf die Nutzung
des öffentlichen Internets angewiesen sind.
Während die Telekom ihr Pilotprojekt ãT-NetCall" nannte, wurde
es bei mediaWays, die mit AOL zusammenarbeiten, ãAvanti" getauft. Es handelt
sich um eine Reihe von zeitlich befristeten Großversuchen mit ca.
1000-2000 ausgewählten Kunden in Deutschland, den USA, Kanada und
Japan. Beim jüngsten Pilotprojekt der Deutschen Telekom können
1000 T-Online-Kunden vom PC zum Telefon ab 38 Pfennige pro Minute ins Ausland
telefonieren. Ein Zehnminuten-Telefonat von Deutschland in die USA kostet
nach 21 Uhr beispielsweise 3,80 DM. In der Folge sollen die VoIP-Angebote
sukzessive in reguläre und für jedermann zugängliche Dienste
erweitert werden.
Mit der 21,1%igen Beteiligung der Deutschen Telekom am VoIP-Pionierunternehmen
VocalTec wurde versucht, technisches Know-How auf dem Gebiet der IP-Telefonie
zu erwerben. Die Telekom sieht sich dort als ãder erste der großen
weltweit agierenden Telekommunikationsanbieter". Für die technische
Realisierung wird auch mit dem Routerlieferanten Ascend zusammengearbeitet.
Einen neuen Player in Deutschland stellt die Firma Poptel dar, die
internationale Telefongespräche preiswert über das Internet anbietet.
Die 1997 gegründete Firma strebt 1999 einen Umsatz von 10 Mio. DM
an und beschäftigt derzeit 20 Mitarbeiter. Kunden, die das Poptel-Angebot
nutzen wollen, benötigen als technische Voraussetzung lediglich ein
tonwahlfähiges Telefon, aber weder PC noch Internetanschluß.
Der Preis für ein Zehnminuten-Telefonat in die USA liegt in der selben
Größenordnung wie bei ãT-NetCall".
In den USA bieten u.a. Qwest Communications International, UUNet Technologies,
PSINet, IDT, AOL und ICG Communications IP-Telefonie- bzw. ÐFaxdienste
an. Von den etablierten Telefongesellschaften ist u.a. AT&T ein VoIP-Anbieter.
Sowohl den staatlichen als auch den privaten Telekommunikationsanbietern
wird zunehmend Konkurrenz durch neue Player entstehen, wobei dies bereits
im traditionellen Internetgeschäft etablierte Service Provider, aber
auch gänzlich neue Anbieter wie ICG sein können. ICG bietet z.B.
US-Ferngespräche für lediglich rund 6 Cent pro Minute an. Die
Firma Global Link stellt, ähnlich wie Bertelsmann in Deutschland,
ihr weltumspannendes Intranet für den Transport von IP-Sprachverkehr
zur Verfügung.
Für den Bereich der Internet-Telefonie gibt es ein reichhaltiges
PC-Softwareangebot, sowohl für die Variante PC zu PC als auch für
die Variante PC zu Telefon. Die Programme ãConference" von Netscape und
ãNetMeeting" von Microsoft sind in die jeweiligen Internetbrowser integriert
und haben daher den besonderen Vorteil einer ohnehin schon weiten Nutzerverbreitung,
was vom Standpunkt der Standardisierung her wünschenswert ist.
Auch im Hardwarebereich ist eine immer größere Zahl an Playern
tätig, z.B. für die Entwicklung und Produktion von Gateways.
In Deutschland ist z.B. die Firma CreaLog ein Anbieter von Hardware für
IP-Telefonie, in den USA Telogy Networks, Cisco Systems oder 3Com Broadband
Access.
Nachdem der Boom bei sprachtelefonischen Call Centern bereits eingesetzt
hat, ist auch mit einer verstärkten Gründung von Internet Call
Centern zu rechnen. Diese locken mit dem Komfort, daß direkt ãper
Mausklick" während des ãSurfens" telefonische Auskunft möglich
ist, ohne daß eine gesonderte Telefonverbindung geschaltet und bezahlt
werden muß.
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6. Wo liegen die Motive der VoIP-Anbieter?
Es stellt sich die Frage, warum traditionelle Telefongesellschaften
wie die Deutsche Telekom die Internet-Telefonie voranbringen und damit
letztlich ihr eigenes Kerngeschäft ãkannibalisieren". Die Konsequenz
aus einer weiten Verbreitung von VoIP könnte schließlich sein,
daß sich bereits getätigte hohe Infrastrukturaufwendungen in
reine Sprachnetze zu Investitionsruinen entwickeln. Diesem Dilemma können
sich die Telefongesellschaften jedoch nicht durch Zurückhaltung entziehen,
denn das Risiko, daß der Sprachtelefonieverkehr mittelfristig zu
einem erheblichen Anteil über das Internet abgewickelt wird und dieser
Markt dann kampflos Anbietern mit traditionellem Internet-Bezug überlassen
würde, ist höher einzustufen.
Dataquest rechnet nicht mit einer existentiellen Bedrohung für
die heutigen Telefongesellschaften durch VoIP, sondern - im Gegenteil -
mit der Chance der Expansion bestehender Märkte und neuen Profitmöglichkeiten.
Medienkonzerne wie Bertelsmann oder Internet-Serviceprovider wie AOL
müssen im Zusammenhang mit VoIP nicht um ihr Kerngeschäft bangen
und haben daher ein gesteigertes Interesse, die Entwicklung der Internet-Telefonie
zu forcieren, um neue Märkte zu erschließen. Andererseits sind
auch deren Kerngeschäfte zunehmender Konkurrenz ausgesetzt. Früher
reine Telefongesellschaften wie die Deutsche Telekom haben längst
ihre Dienstleistungsfelder erweitert und bieten sowohl Internetdienste
als auch Inhalte an, da diese Märkte hohe Zuwachsraten für die
nächsten Jahre versprechen. Weiterhin werden auch Hardwarehersteller
wie Lucent oder Cisco zunehmend IP-Telefoniedienste anbieten, da sie auf
dem IP-Sektor einen Entwicklungs- und Wettbewerbsvorteil haben. Im Zuge
der Konvergenz der leitungsvermittelnden Telefonnetze und des Internets
werden die Grenzen zwischen den Telefongesellschaften, den Internet Backbone
und Service Providern und sogar den Hardware-Herstellern immer fließender.
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7. Entwicklung von VoIP in Zahlen
Die im folgenden genannten Zahlen zur bisherigen und voraussichtlichen
Entwicklung von VoIP zeigen, obwohl teilweise widersprüchlich, tendenziell
alle in Richtung eines stark wachsenden VoIP-Marktes:
-
IDC beziffert den weltweiten Umsatz von Internet-Telefonie auf 560 Mio.
US$ im Jahre 1999 (nach Angaben anderer Quellen bereits im Jahre 1997 700
Mio. US$) gegenüber anfänglich 3,5 Mio. US$ im Jahre 1995.
-
2002 wird nach Ansicht von US-Experten rund 13% des Sprachverkehrs über
das Internet abgewickelt werden gegenüber nur 1% im Jahre 1998. Diese
13% sollen einem Umsatz von 24 Mrd. US$ entsprechen.
-
Lytle von Nortel DASA gab während der ãOnline'99" die Prognose ab,
daß in den USA im Jahre 2001 bereits 35% des Sprachtelefonie- und
Faxaufkommens über die IP-Technik bewerkstelligt werden. Europa sei
wegen vergleichsweise hoher Ortstarife noch etwa zwei Jahre zurück
bzgl. der Verbreitung von Internet-Telefonie.
-
Nach Angaben von Ovum werden spätestens 2005 die Netzwerke der Telekommunikationsunternehmen
hauptgeschäftlich auf Basis der Internet-Technologie betrieben werden.
Neue Anwendungen wie die Internet-Telefonie erhöhen den zeitlichen
Druck zur Umstellung der Netze auf IP-Technik.
-
Der Umsatz mit IP-Gateways wird nach einer Prognose von Frost&Sullivan
bis 2001 auf 1,8 Mrd. US$ ansteigen, was einer durchschnittlichen jährlichen
Steigerungsrate von 230% entspricht.
-
Bzgl. der kurzfristigeren Entwicklung der weltweiten Nutzung von VoIP machte
IDC 1997 die in Tabelle 1 aufgelisteten Prognosen. Die Zahlen differieren
im Vergleich zu den Angaben von Branchenexperten, nach denen es 1997 weltweit
erst 500000 Nutzer gab. Nach wiederum anderen Angaben haben in den USA
bisher schon rund die Hälfte der Online-Nutzer über das Internet
telefoniert.
Jahr
|
Geschäftliche Nutzer in Mio.
|
Private Nutzer in Mio.
|
1997
|
2,5
|
2,5
|
1998
|
6
|
4
|
1999
|
10
|
6
|
Tabelle 1
-
Bis 2002 ist damit zu rechen, daß 10% des weltweiten Faxverkehrs
über die IP-Technik bewerkstelligt werden wird.
-
Laut einer Umfrage von Forrester Research gaben in den USA mehr als 40%
der führenden Manager von Telekommunikationsunternehmen an, spätestens
im Jahr 1999 einen Teil des Telefonie- oder Faxaufkommens über die
IP-Netze abwickeln zu wollen.
-
Die Umsätze der amerikanischen Telefonkonzerne mit der Internet-Telefonie
werden nach Angaben von Forrester Research auch mittelfristig nur einen
relativ bescheidenen Anteil am Gesamtumsatz der Konzerne betragen. Die
Prognosen der Entwicklung für die Jahre 1998 bis 2004 sind in Tabelle
2 aufgelistet.
Jahr
|
Investitionen in Mrd. US$
|
Umsatz in Mrd. US$
|
Anteil am Gesamtumsatz
|
1998
|
0,02
|
0,03
|
0,1%
|
2000
|
0,21
|
0,4
|
1,0%
|
2002
|
0,56
|
1,03
|
2,6%
|
2004
|
1,09
|
1,94
|
4,0%
|
Tabelle 2
-
Moderat und zumindest kurzfristig nicht dramatisch sind die Veränderungen
durch die Nutzung von VoIP, die Dataquest in der Tarifstruktur und bzgl.
der Herstellung von Routern und Switches erwartet. Der gesamte weltweite
Markt für Telefonsprachdienste wird für das Jahr 2000 mit einer
Billion US$ beziffert. Wenn, konservativ gerechnet, VoIP davon nur ca.
1% Anteil haben sollte, so wären das immerhin 10 Mrd. US$ Umsatz.
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8. Reichen die Kapazitäten des Internets?
Nach Angaben von Dataquest betrug 1998 die Relation des weltweiten Volumens
von Sprach- zu Datenverkehr, alle Netze zusammenfassend betrachtet, ungefähr
80:20. Im Jahr 2000 wird sich das Verhältnis umkehren, und für
das Jahr 2004 wird sogar eine Relation von 1:99 prognostiziert, d.h. der
Datenverkehr überwiegt dann bei weitem das Sprachvolumen. Andere Prognosen
gehen tendenziell in die selbe Richtung, sehen das relative Verhältnis
aber einem nicht ganz so drastischen und schnellen Wandel ausgesetzt. Der
gesamte Sprachverkehr wird aller Voraussicht nach trotz jährlich um
ca. 5% wachsendem absoluten Volumen zu einem immer geringeren relativen
Anteil die Netzleitungen belegen.
Aus den in Abschnitt 7 genannten Prognosen für das Wachstum von
VoIP geht indirekt hervor, daß die IP-Telefonie, die definitionsgemäß
dem Datenverkehr zugerechnet wird, nur einen relativ geringen Teil des
Datenverkehrszuwachses ausmachen und deshalb nicht als ernsthafte Belastung
der Internetkapazitäten angesehen werden kann. Die VoIP-Teilnehmer-
und Umsatzzahlen (vgl. Tabellen 1 und 2) zeigen zwar erhebliche jährliche
Zuwachsraten von teilweise über 100%, doch auf bisher vergleichsweise
niedrigem absoluten Niveau. In diesem Zusammenhang interessante Zahlen
präsentierte Schleicher von Lucent bei der ãOnline'99", der die Durchschnittsdauer
eines Telefonats mit drei Minuten, die einer Internetsitzung jedoch mit
20-30 Minuten bezifferte. Das Bitvolumen pro Zeiteinheit von Telefonat
und Internetsitzung ist dabei zwar heute noch von vergleichbarer Größenordnung,
wird aber nach Einführung breitbandiger Zugangstechnologien wie ADSL
nur bei der Internetnutzung (ohne IP-Telefonie) stark anwachsen. Der nicht
quantifizierte, doch überwiegende Anteil der von Schleicher genannten
jährlichen Zuwachsrate im Datenverkehr von 300% ist demnach auf ãreinen"
Datenverkehr zurückzuführen.
Bei allen Prognosen zur Entwicklung von Daten- zu Sprachvolumen ist
allerdings der geplante bzw. im Gange befindliche breitbandige Ausbau des
Internets vorausgesetzt worden. Ohne eine signifikante Bandbreitenerhöhung,
wie sie etwa im Rahmen der Internet2- oder NGI-Initiative in den USA angestrebt
wird, wäre ein solch hohes Datenverkehrsvolumen gar nicht zu bewältigen.
Zwangsläufig wäre dann auch die verstärkte Nutzung der IP-Telefonie
eine weitere ernsthafte Belastung für die heute noch recht limitierten
Internetkapazitäten.
Bisher ist IP-Telefonie aufgrund der Bandbreitenproblematik vorwiegend
im geschäftlichen Bereich im Einsatz, und hier in unternehmenseigenen
Intranets, in denen die Bandbreite und die Qualität des Dienstes leichter
kontrolliert werden kann. Ob in absehbarer Zukunft auch das öffentliche
Internet VoIP-tauglich wird, hängt nicht nur von den Netzkapazitäten,
sondern möglicherweise auch davon ab, ob sich ATM als Übertragungstechnik
gegenüber Gigabit Ethernet durchsetzen wird. Zu dieser Frage wurden
auf der ãSystems'98" sehr konträre Meinungen geäußert,
wobei es in Zukunft vermutlich zu einem ãsowohl als auch" und nicht zu
einem ãentweder oder" kommen wird. Der in Bezug auf die Qualitätsansprüche
bei Sprachtelefonie wesentliche Vorteil von ATM ist, daß Pakete nur
dann übertragen werden, wenn sichergestellt ist, daß ausreichend
freie Übertragungskapazität auf der Wegstrecke bis zum Empfänger
zur Verfügung steht. Außerdem ist ATM bei Netzwerken, die nahe
der Vollast betrieben werden (zu denen je nach Tageszeit das heutige und
möglicherweise auch das zukünftige öffentliche Internet
zu zählen sind) die zuverlässigere Technologie. ATM ist - zumindest
bisher noch - bei größeren Übertragungsstrecken im MAN-
und WAN-Bereich weiter verbreitet, während Gigabit Ethernet im LAN-Bereich
dominiert. Gigabit Ethernet gilt hinsichtlich der Übertragungskosten
trotz höherer Bandbreite als preiswerter und bzgl. der Installation
und Wartung als deutlich weniger komplex. Geringe Übertragungsverzögerungen
und Jitter (Varianz der Verzögerungen) sind wichtige Eigenschaften
für VoIP und werden beiden Technologien gleichermaßen zugeschrieben.
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9. Rechtliche Fragestellungen
Die deutsche Telekommunikationsgesetzgebung wurde offenbar entwickelt,
ohne die damals bereits in der Entwicklung befindliche Technik von VoIP
miteinzubeziehen. Nur so läßt sich erklären, daß
bis heute unterschiedliche rechtliche Auffassungen darüber bestehen,
ob VoIP einen leitungsvermittelnden Sprachtelefondienst im Sinne des Telekommunikationsgesetzes
darstellt, was für die Anbieter mit Lizenzgebühren verbunden
wäre. Im einzelnen werden folgende Punkte diskutiert:
-
Läuft IP-Telefonie trotz technikbedingter Verzögerungszeiten
im Sinne des Gesetzgebers ãdirekt" und ãin Echtzeit" ab oder nicht?
-
Ist VoIP als eine Sprachübertragung oder als eine paketorientierte
Datenübertragung zu bezeichnen? Gemäß EU-Auffassung kann
man das beim VoIP praktizierte ãStore and forward"-Verfahren nicht als
direkten Transport von Sprache bezeichnen.
-
Daß es sich bei VoIP um ein geschäftsmäßiges Erbringen
von Telekommunikationsdienstleistungen handelt, der Dienst gewerblich bereitgestellt
wird und diese Bereitstellung für die Öffentlichkeit stattfindet,
ist weniger strittig.
-
Der VoIP-Dienst erfolgt bei den Varianten mit PC-Beteiligung keineswegs,
wie in der Telekommunikationsgesetzgebung verankert, ãvon und zu den Netzabschlußpunkten
des öffentlichen, vermittelnden Netzes". Sofern nicht reservierte
Leitungen oder unternehmenseigene Intranets für die IP-Telefonie genutzt
werden, sondern allgemein zugängliche Internet-Netzwege, ist die Übertragungswegstrecke
nicht vom Service Provider kontrolliert. Zudem können die Datenpakete
bei ihrem Weg durch das Internet u.U. den Geltungsbereich des Telekommunikationsgesetzes
verlassen.
Tabelle 3 faßt die wichtigsten der oben genannten Aspekte zusammen.
Kriterien des Telekommunikationsgesetzes
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VoIP nur mit PCs
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VoIP mit Telefon(en)
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Übertragung in Echtzeit?
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technikbedingt bisher noch nicht
|
technikbedingt bisher noch nicht
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Ist VoIP eine Sprachübertragung?
|
definitionsgemäß nein
|
auf Teilstrecken der Übertragung ja
|
Ist VoIP ein geschäftsmäßiges und gewerbliches
Erbringen eines Dienstes?
|
ja
|
ja
|
VoIP von und zu Netzabschlußpunkten des öffentlichen,
vermittelnden Netzes?
|
nein
|
kontroverse Auffassungen
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Tabelle 3
Derzeit besteht, zumindest bei den beiden Varianten mit PC-Beteiligung,
allenfalls eine Anzeige-, aber keine Lizenzverpflichtung für VoIP-Diensteanbieter.
Letztere wäre mit Kosten verbunden, die, sofern sie an den Endkunden
weitergegeben würden, die Kostenvorteile der VoIP-Technik teilweise
zunichte machen würden.
Bzgl. der zukünftigen Entwicklung bestehen erhebliche Rechtsunsicherheiten,
denn die zunehmende Konvergenz von Daten- und Sprachtechnologien wird das
Thema Regulierung zwangsläufig aktuell halten, und auch die gegenwärtig
andere EU-Rechtslage wird nach Angaben von der EU-Kommission noch dieses
Jahr überprüft. Sollte sich, womit zumindest für ausschließliche
VoIP-Anbieter und für die Variante von Telefon zu Telefon zu rechnen
ist, die Regulierungsbehörde in Zukunft für die Einführung
einer Lizenzgebühr entscheiden, so ist deren Höhe bisher unklar,
was die Investitionsrisiken vergrößert.
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10. Beschäftigungseffekte und Handlungsempfehlungen
Durch die Verbreitung der IP-Telefonie werden Arbeitsplatzeffekte nicht
ausbleiben. Einerseits ist wahrscheinlich, daß neugeschaffene Stellen
bei neuen Anbietern zumindest teilweise durch den Abbau von Arbeitsplätzen
bei den traditionellen Anbietern von Telefondiensten kompensiert werden.
Hier sind Analogien zur heutigen Situation im deutschen Telekommunikationsmarkt
zu sehen, wo nach Angaben des WIK der Wegfall des Monopols der Deutschen
Telekom bisher unter dem Strich keine (zumindest direkte) positive Beschäftigungswirkung
hatte. Andererseits gibt es auch zahlreiche VoIP-Bereiche, bei denen solche
Verdrängungs- und Substitutionsprozesse nicht oder nur in geringerem
Maße zu erwarten sind. Dazu zählen z.B. die arbeitsplatzintensiven
Internet Call Center, die Hersteller von IP-Gateways oder Switches, die
Softwareentwickler von Kompressions- und Dekompressionsverfahren oder von
Fehlerkorrektursystemen etc.. Nicht zu unterschätzen sind auch indirekte
Arbeitsplatzeffekte, z.B. eine Stärkung des Standorts Deutschlands
durch niedrigere Telekommunikationskosten. Als sicher erscheint auch, daß
die IP-Telefonie die Konvergenz von Daten- und Sprachnetzen beschleunigen
wird, was letztlich als positiver Rückkopplungseffekt auch den Anteil
der Bevölkerung und Unternehmen mit Internetzugang erhöhen könnte.
Als eventuelle Handlungsansätze für die Bundesregierung werden
zusammenfassend folgende Punkte gesehen:
(i) Die Überwindung der in Abschnitt 4 aufgelisteten technischen
Nachteile erfordert noch erhebliche, in Einzelfällen sicherlich auch
förderungswürdige Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen im
Hardware- (Gateways, digitale Signalprozessoren, Switches, Router, Endgeräte
etc.) und Softwarebereich (Komprimierungs- und Fehlerkorrektursysteme,
Prioritätsfilter für zeitlich bevorzugtes Routing von Sprachpaketen
etc.).
(ii) Flankierende Maßnahmen zum breitbandigen Ausbau der Internet-Infrastruktur.
(iii) Hinsichtlich der wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen
sollte auch in Zukunft die Konkurrenzfähigkeit der VoIP-Technik gegenüber
den konventionellen Sprachtelefoniediensten sichergestellt sein. Einen
Beitrag dazu könnte auch die Regulierungsbehörde für Post
und Telekommunikation mit der Ermöglichung eines verstärkten
Wettbewerbs bei den Ortstarifen leisten.
Die Verbreitung der IP-Telefonie in Deutschland ist offensichtlich
zumindest von den Rahmenbedingungen her kein Selbstläufer, denn alleine
von den technologischen und infrastrukturellen Seiten her betrachtet gibt
es bisher keinen Grund, warum in den USA VoIP deutlich intensiver genutzt
wird.
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11. Interessante Adressen im Internet zum Thema
Internet-Telefonie
In die vorliegende Ausarbeitung sind, neben zahlreichen weiteren hier
nicht aufgelisteten Primär- und Sekundärquellen, u.a. folgende
Beiträge aus dem Internet eingeflossen:
Lesenswert und in die vorliegende Ausarbeitung eingeflossen sind auch Ausführungen
in der Ausgabe V/1998 der Telekommunikationszeitschrift LANline.
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