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Dieser Text ist der Seite http://members.aol.com/nfinckhh/koeduk/koeduk.htm entnommen und unwesentlich gekürzt worden.

ifl: Tagung am 26. Februar 1998
"Schule für Mädchen und Jungen gestalten"
Workshop 2 "Mädchen in Chemie / Physik / Informatik"

Anteil der Mädchen in den Informatikkursen erhöhen!

Verhalten der Informatiklehrer kritisch reflektieren!

Unterrichtsinhalte abwechslungsreicher gestalten!

Der Informatikunterricht für Mädchen und Jungen an der Gesamtschule Kirchdorf

Situation in den Schuljahren 1989/90 und 1990/91
Beachten Sie dazu bitte unsere Unterlagen aus dem Jahre 1993
Wir haben uns in diesen beiden Schuljahren mit der Frage beschäftigt, wie sich Mädchen und Jungen in den koedukativen Kursen der Informatik verhalten und ob ein geschlechtsdifferenzierter Unterricht sinnvoll und notwendig ist und ob er stundenplantechnisch zu realisieren ist. Wir haben festgestellt, dass sich Mädchen und Jungen im Informatikunterricht zwar unterschiedlich verhalten, dass aber geschlechtsdifferenzierte Kurse nicht notwendig und stundenplantechnisch nicht durchführbar sind.
Auch wenn die Verhaltensunterschiede innerhalb der Gruppe der Mädchen und innerhalb der Gruppe der Jungen größer waren als zwischen beiden Gruppen, so konnten wir doch deutliche Verhaltensunterschiede zwischen Jungen und Mädchen beobachten: Reaktion 1990/91: Die Gesamtschule Kirchdorf hat sich auf die folgenden Maßnahmen geeinigt:
Erhöhung des Mädchenanteils in den Informatikkursen: Im Jahrgang 6 finden die Kurswahlen für den Wahlpflichtbereich statt, für das Fach Informatik gibt es seit Jahren sehr viel mehr Bewerber als Plätze, bei der Zuteilung der Plätze haben der Abteilungsleiter, die Tutoren und die Fachlehrer Gestaltungsmöglichkeiten. Diese Möglichkeit wollten wir nutzen, um den Anteil der Mädchen in den Informatikkursen zu erhöhen.
Verhaltensänderungen der Informatiklehrer: Eine Diskussion innerhalb des Kollegiums über das Lehrerverhalten gegenüber Mädchen und Jungen sowie über mögliche Verhaltensunterschiede sollte die Informatikkollegen für eine kritische Beobachtung des eigenen Verhaltens sensibilisieren.
Veränderung der Unterrichtsinhalte im Fach Informatik: Während der Programmieranteil im Schuljahr 1989/90 noch sehr hoch war, sollte zukünftig mehr mit Anwendersoftware (Textverarbeitung, Dateiverwaltung, Tabellenkalkulation, CAD, "Computerkassen", Computergrafik und Bildbearbeitung, Internet, Wahlanalyse...) gearbeitet werden.
Von allen Maßnahmen schien uns damals einen abwechslungsreicher Stoffplan, der die unterschiedlichen Anwendungen widerspiegelt und die unterschiedlichen Interessen anspricht, am besten dafür geeignet zu sein, Mädchen im Informatikunterricht zu fördern.

Auswertung im Schuljahr 1997/98: Was haben diese Maßnahmen bewirkt?
Der Anteil der Mädchen in allen Informatikkursen beträgt 40 % (damals nur 20 %), der Anteil ist über die Jahrgänge 7 bis 13 stabil, aber in einzelnen Kursen (z. T. des gleichen Jahrgangs) unterschiedlich hoch.
Die Jungen erhalten in allen 12 Kursen (alle KMK-Punkte und A-/B-Noten umgerechnet) etwas bessere Noten. Wir führen das auf die unterschiedliche Verfügbarkeit privater PC' zurück.

Note Mädchen Jungen
1 4 10
2 28 46
3 21 31
4 18 19
5 3 8
6 2 3
Summe 76 117
Anteil in % 39,4 60,6

Informatik an der Gesamtschule Kirchdorf ist keine "Männer-Domäne" mehr, Informatik und ITG werden von Lehrerinnen und Lehrer in gleichem Maße unterrichtet. Aus der Beobachtung des eigenen Unterrichts und aus der Befragung von Schülerinnen entnehmen wir, dass wir wohl den Mädchen genau so viel Beachtung wie den Jungen schenken.
Nach unseren Beobachtungen hat sich das Verhalten der Jungen nicht wesentlich geändert, die Mädchen hingegen sind selbstständiger und selbstbewusster geworden. Diese Tendenz nimmt in den Jahrgängen 7 bis 10 zu und setzt sich auch in der Sekundarstufe II fort.
Der abwechslungsreiche Stoffplan im Fach Informatik und insbesondere unsere ITG-Angebote (ITG-Schülerzeitung, ITG "Wohnen und CAD", ITG-Deutsch "Bewerbungsschreiben", ...) bieten allen Schülerinnen und Schülern motivierende und anspruchsvolle Aufgaben.
Besondere Aufmerksamkeit gilt den Neu-Einsteigern in das Fach Informatik im Jahrgang 7 sowie in der Vorstufe, hier dürfen wir den Computer-Besitzern und den coolen Computerspiel-Profis keine Bühne für ihr einschüchterndes Imponiergehabe geben. Wir haben uns deshalb für die Unterrichtseinheiten "Igelgraphik mit LOGO" im Jahrgang 7 und "NIKI" in der Vorstufe entschieden — die sind für alle neu, bieten anspruchsvolle, unterschiedliche (Binnendifferenzierung!) und motivierende Aufgaben, deren erfolgreiche Lösungen graphisch überprüft werden können.
Unter diesen Voraussetzungen halten wir spezielle Informatikkurse nur für Mädchen weder für sinnvoll noch für notwendig; aber wir können und sollten die Position der ....

Mädchen in den koedukativen Informatikkursen stärken!


Norbert Finck für das Fach Informatik

Verhaltensunterschiede von Mädchen und Jungen

im Informatikunterricht der Gesamtschule Kirchdorf

Im November 1989 hat sich die Arbeitsgruppe Schwerpunktbildung Naturwissenschaften an der GSK mit der Frage beschäftigt, wie sich Mädchen und Jungen in den koedukativen Kursen der Naturwissenschaften sowie der Informatik verhalten. Hierbei sollte auch die Frage geklärt werden, ob ein geschlechtsdifferenzierter Unterricht sinnvoll und notwendig ist und ob er stundenplantechnisch zu realisieren ist.

Theoretische Überlegungen

Wissenschaftlich gesichert sind die folgenden Verhaltensunterschiede zwischen Männern und Frauen:
Männer zeigen ein eher aggressives, aktives und dominantes Verhalten und haben eine ausgeprägtere räumliche Vorstellungskraft. Frauen zeigen ein eher vorsichtiges Verhalten und haben ausgeprägtere verbale Fähigkeiten. Hierbei sind jedoch die Verhaltensunterschiede innerhalb der Gruppe der Männer und innerhalb der Gruppe der Frauen größer als zwischen beiden Gruppen.
Als Erklärungsmodell für diese Verhaltensunterschiede hat sich der lernpsychologische Ansatz durchgesetzt: Eltern haben je nach Geschlecht des Kindes unterschiedliche Erziehungsziele. Rollenkonformes (geschlechtstypisches) Verhalten wird verstärkt, nicht-rollenkonformes (geschlechtsuntypisches) Verhalten bleibt unbeachtet oder wird bestraft (Beispiele für Verstärkung: Spielzeugpräferenzen, Elternverhalten bei Kritik des Kindes). In der weiteren Entwicklung werden das eigene Verhalten sowie die Beurteilung des Verhaltens anderer Menschen durch Annahmen und Vorstellungen über geschlechtstypisches Verhalten bewusst oder unbewusst gesteuert.

In der Schule und besonders in den naturwissenschaftlichen Fächern (einschließlich Mathematik und Informatik, ohne Biologie) zeigen sich die Unterschiede insbesondere in den unterschiedlichen Erwartungshaltungen, in den unterschiedlichen Motivationen sowie in den unterschiedlichen Benennungen von Ursachen für Erfolg oder Misserfolg.

Die Naturwissenschaften und die Informatik sind im Wesentlichen von männlichen Wissenschaftlern geschaffen worden. Darauf aufbauend konzipieren überwiegend männliche Lehrer den Schulunterricht in den Naturwissenschaften und in der Informatik. Dieser Unterricht ist eher rational und unsensibel und wird von den Mädchen eher als kalt, unpersönlich, langweilig und bedrohlich empfunden.

Beobachtungen in unserem Informatikunterricht im Schuljahr 1989/90

In meinen damaligen beiden Informatikkursen zeigte sich die Gruppe der Mädchen im Zensurenvergleich homogener als die Gruppe der Jungen; die Mädchen hatten nur die geringfügig schlechteren Zensuren bekommen. Hierbei waren die Zensurenunterschiede innerhalb der Gruppe der Mädchen und innerhalb der Gruppe der Jungen deutlich größer als zwischen beiden Gruppen. Die Zensuren sind allerdings ein zweifelhaftes Kriterium zur Leistungsbeurteilung, da deutlich mehr Jungen als Mädchen einen Computer zu Hause haben und da die Zensuren kaum etwas über das Leistungsvermögen der Jungen und Mädchen aussagen.
Auch wenn die Verhaltensunterschiede innerhalb der Gruppe der Mädchen und innerhalb der Gruppe der Jungen größer waren als zwischen beiden Gruppen, so waren doch deutliche Verhaltensunterschiede zwischen Jungen und Mädchen zu beobachten:

Die Verhaltensunterschiede zwischen Jungen und Mädchen wurden überlagert durch das sehr unterschiedliche Arbeitsverhalten von den Mädchen und Jungen, die privat einen Computer besitzen und ihn "nutzen", und von Mädchen und Jungen, die lediglich im Informatikunterricht am Computer arbeiten.
Wir können natürlich nicht beurteilen, ob wir damals die Mädchen weniger beachtet haben als die Jungen. Allerdings hatten wir in mehreren Situationen Mädchengruppen, die sich ruhig gemeldet hatten, übersehen und uns den lauten Jungengruppen zugewandt.

Mögliche Maßnahmen zur Förderung von Mädchen im Informatikunterricht und Erfahrungen mit diesen Maßnahmen

Unter diesen Bedingungen darf das Fach Informatik wohl nicht (mehr?) als "typisches Jungenfach" bezeichnet werden, dieser Informatikunterricht fördert Mädchen und Jungen in gleichem Maße.
 

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