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Die Dagstuhler Empfehlung vom Mai 1992 hat angesichts der zentralen Bedeutung von Informatiksystemen gefordert, die Informatik in das deutsche Schulsystem als Pflichtfach aufzunehmen und entsprechende Inhalte und Methoden didaktisch aufzubereiten. Unter anderem hieß es dort: "Die vielfältigen, für immer mehr Lebensbereiche entwickelten Softwaresysteme erfordern von der jungen Generation die Fähigkeit zur fachlich begründeten Einordnung und Bewertung. Diese Qualifikation kann in der erforderlichen Ausprägung von keinem anderen Unterrichtsfach als der Informatik vermittelt werden." Das Internet mit seinen ökonomischen, technischen und gesellschaftlichen Implikationen, das kurz danach seinen Siegeszug um die Welt antrat, und der Umbau der Industrienationen zu Wissensgesellschaften belegen nachdrücklich die Richtigkeit der damals empfohlenen Maßnahmen.
Zwölf Jahre danach hat in Dagstuhl erneut eine Arbeitsgruppe aus fünfzehn Schul- und Hochschulinformatikern eine Bilanz der Erfahrungen mit dem Schulfach Informatik gezogen. Sie ruft entschieden dazu auf, umgehend die erforderlichen Kernkompetenzen im Bereich der Information und Kommunikation allen Jugendlichen im Rahmen eines Pflichtfachs Informatik bereits in der Sekundarstufe I zu vermitteln. In modernen Gesellschaften und Arbeitsmärkten sind Modellbildungen, die reale Gegebenheiten oder virtuelle Szenarien strukturieren und gestalten, und Denk- und Arbeitsweisen beim automatisierbaren Umgang mit Information für alle Bürgerinnen und Bürger ein unverzichtbarer Bestandteil in beruflichen, öffentlichen und privaten Bereichen. Wer entsprechende Befähigungen und Einsichten nicht besitzt, wird vom gesellschaftlichen Fortschritt abgekoppelt und in seiner persönlichen Entwicklung benachteiligt werden und kann so seiner gesellschaftlichen Verantwortung nicht nachkommen.
Die Arbeitsgruppe stellt zugleich die Bedeutung von Standards für Ziele, Inhalte und Methoden eines verpflichtenden Informatikunterrichts heraus und fordert die Einbeziehung der Informatik in Schulleistungsstudien wie z.B. PISA. Die Standards müssen zum einen an den Erfordernissen einer Wissensgesellschaft ausgerichtet sein, zum anderen die Grundlage für die Weiterführung in der Sekundarstufe II legen. Unverzüglich sind wesentlich mehr Informatik-Lehrkräfte an den Universitäten und Seminaren auszubilden und in die Schulen zu übernehmen sowie Maßnahmen zu einer qualifizierten Lehrerweiterbildung zu ergreifen.
Ohne Beherrschung und gezielte Nutzung von Information und Kommunikation wird keine Nation eine führende Stellung in Wissenschaft und Technik, aber auch in fast allen anderen gesellschaftlich relevanten Bereichen wahren können. Die Arbeitsgruppe fordert daher die Entscheidungsträger in Politik, Wirtschaft und Industrie auf, die Informatikausbildung für alle Jugendlichen im Sekundarbereich I zu verankern bzw. zu unterstützen, damit die notwendigen Informatikkompetenzen zum festen Bestandteil in unserer Gesellschaft werden. Hierdurch lässt sich ein wesentliches Anliegen der ersten Empfehlung umsetzen: "Nicht zuletzt führt die Einsicht in automatisierbare Vorgänge zu einem besseren Verständnis des unverwechselbar Menschlichen und ermöglicht den Jugendlichen einen verantwortlichen Umgang mit der modernen Technik".
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