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Neue Medien für die
Kinder |
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Ein mehrsprachiges Internetmagazin oder ein multimediales Märchenbuch, Grafikprogramme für den Mathematikunterricht oder internationale E-Mail-Projekte, grenzübergreifende Arbeitsbereiche im Internet zu den Themen Kinderarbeit oder interkulturelle Verständigung - und, und, und... Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Mit einem Projekt-Basar hat am Montag in Soest die "Europrim 2000" begonnen. 70 Lehrerinnen und Lehrer aus 15 europäischen Ländern haben sich im Landesinstitut für Schule und Weiterbildung (LSW) zu einer gemeinsamen Tagung getroffen. Thema der Veranstaltung: Der Einsatz Neuer Medien in der Primarstufe. Nach der Tagung soll auf der Grundlage gemeinsamer Ideen und Projekte eine europaweites Europrim-Netzwerk entstehen. Die vorbereitenden Arbeiten dazu beginnen am heutigen Mittwoch in insgesamt sieben verschiedenen Workshops. Bereits der Auftakt war vielversprechend. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dem In- und Ausland - allesamt Fachleute für das Lernen mit PC und Internet in der Schule - präsentierten in den Räumen des Landesinstituts die Projekte, die sie aus ihrer Heimat mit nach Soest gebracht hatten. Auf zahlreichen Stellwänden sind ihre Visionen, Ideen und Projekte noch bis zum Ende der Woche zu sehen. Und nicht nur das. In jedem Ausstellungsraum sind Computer aufgestellt worden, die über ein Funknetz mit dem "World Wide Web" verbunden sind. Den Veranstaltern erspart das die aufwendige Verkabelung der Geräte und der Firma "Macintosh", die die Apple-Rechner zur Verfügung gestellt hat, gibt das die Gelegenheit, die Technik des aufwendigen Systems zu testen. Wolfgang Weber, Leiter der Beratungsstelle für neue Technologien im Landesinstitut und Leiter der Tagung, ist begeistert: "Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Europrim haben in dieser Arbeitsumgebung die Gelegenheit, sich die Projekte ihrer Kollegen live im Internet anzusehen."
Und da gibt es viel zu sehen. Insgesamt 65 Projekte aus 15 verschiedenen Ländern. Die meisten dieser Projekte haben sich bereits in der Schulpraxis bewährt und sind im Unterricht getestet worden, andere Projekte gibt es bislang nur auf dem Reißbrett. Sie sollen nach den Soester Tagen in Schulklassen aus dem In- und Ausland umgesetzt werden. Aus Schweden kommt zum Beispiel die Online-Schülerzeitung "Splash" für Kinder im Alter zwischen 6 und 12. Sven Ylipää aus Kiruna: "Wir suchen den Kontakt zu Schülerinnen und Schülern aus dem Ausland. Dazu übersetzen wir interessante Beiträge aus der Zeitung ins Englische." Bemerkenswert ist ein Beitrag aus Großbritannien. Paul Clabon aus Birmingham stellte ein Computerprogramm für den Musikunterricht vor, mit dessen Hilfe Kinder eigene Musikstücke komponieren können. Clabon: "Die Software ist im wahrsten Sinne des Wortes kinderleicht zu handhaben und hilft uns, die kreativen Kräfte der Kinder zu wecken." Die Kinder, die an diesem Projekt teilgenommen haben, waren zwischen 10 und 11 Jahren alt. Per E-Mail haben sie ihre eigenen Lieder dann Schülerinnen und Schülern von Nachbarschulen vorgestellt. Ob sie mittlerweile schon ein Plattenvertrag in der Tasche haben?
Nicht um Musik und Töne, sondern um Kunst und Bilder geht es bei dem Projekt "Kinder - Kunst - Galerie", das Kinder zwischen 8 und 12 Jahren mit der Bildersprache vertraut machen soll. Wie das geht? Mit Hilfe eines Software-Programms können Gemälde eigenhändig verfremdet und umgestaltet werden. Neue Zugangsformen zur Kunst werden geöffnet. Die Schülerinnen und Schüler müssen zudem Informationen über den Künstler recherchieren und eigene Gedichte oder Geschichten schreiben. Am Ende steht dann das eigene Kunstwerk. Gegenwärtig laufen noch die Vorbereitungen. Iris Tücks aus Hückeswagen sucht noch Partnerschulen, die sich daran beteiligen wollen. Auf der Europrim 2000 sind aber nicht nur Projekte zu sehen, die sich mit einem konkreten Thema beschäftigen oder einem bestimmten Fach zugeordnet werden können. Vorgestellt werden auch Projekte, deren Ziel es ist, den Computer fächerübergreifend zu einem selbstverständlichen Bestandteil des Unterrichts in der Grundschule zu machen. Das Projekt "Offene Schule 2001: Heft - Stift - Computer!" ist hierfür ein Beispiel. Ziel des Projekts ist es, im Rahmen von offener Schule und offenem Unterricht den Computer vom ersten Schuljahr an als gleichwertiges Medium zu Heft und Stift in den Unterricht zu integrieren. Brigitte Dörpinghaus von der Gemeinschaftsgrundschule Hackenberg in Remscheid will ihren Schülerinnen und Schülern eine Handhabungskompetenz ebenso wie eine soziale und kritische Kompetenz im Umgang mit PC und Internet vermitteln. Die genauen Beschreibungen aller Projekte, die auf der Europrim vorgestellt werden, gibt es im Internet unter "/angebote/europrim2000/
Die Europrim will zeigen, wie Schülerinnen und Schüler bereits in der Grundschule lernen können, PC und Internet sinnvoll zu nutzen. Mit Hilfe der Neuen Medien sollen die Lehr- und Lernprozesse in der Primarstufe verbessert werden. Bereits auf der Eröffnungsveranstaltung wurde deutlich, dass alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer hier große Möglichkeiten sehen, das Lernen und Lehren im 21. Jahrhundert nachhaltig zu verbessern. Die Schwierigkeiten, die sich aus der neuen Computertechnologie für Lehrende und Lernende ergeben, werden zwar gesehen und auch ernst genommen. Grundsätzlich aber herrscht in Soest Aufbruchstimmung. Man will etwas bewegen, neue Ideen mit nach Hause nehmen, Impulse setzen und Überzeugungsarbeit leisten. Johannes Kimmel-Groß, Mitorganisator der Europrim, bringt es auf den Punkt: "Wir haben hier die einmalige Gelegenheit, uns eine Woche lang von Fachmann zu Fachfrau auszutauschen. Ich erwarte Impulse, die in den Schulalltag hineinwirken." Die Direktorin des Landesinstituts, Ruth Springer, hob auf der Eröffnungsveranstaltung hervor, dass die Computer mittlerweile auch in der Grundschule angekommen sind. In Zukunft, sagte die Direktorin, gehe es vor allem auch darum, geeignete Unterrichtskonzepte für die Praxis zu entwickeln. Die Europrim leiste dazu einem wichtigen Beitrag. In Nordrhein-Westfalen wird mit Beginn des Schuljahres 2003/2004 Englisch ab der dritten Grundschulklasse unterrichtet. Bei der Erarbeitung der neuen Lehrpläne, betonte Frau Springer, sollen die Neuen Medien von Anfang an mit einbezogen werden.
Am zweiten Tag der Europrim standen drei Vorträge und drei detaillierte Projektpräsentationen im Plenum auf dem Programm. Susanna Flach Nielsen aus Dänemark stellte das Projekt "Geschichten ohne Worte" vor. Mit Hilfe eines Computerprogramms können Kinder eine Geschichte nur mit Bilder und Tönen erstellen. Das Resultat: eine Geistergeschichte: "A Scary Story". Anschließend stellten Annegret Dons und Johannes Kimmel-Groß den neuen "learn:line"-Arbeitsbereich "Kinder in Europa" vor. Eine Arbeitsumgebung auf dem NRW-Bildungsserver, der es Lehrenden und Lernenden aus verschiedenen Ländern erlaubt, miteinander in Kontakt zu treten und sich kennen zu lernen. Vorurteile lassen sich so abbauen. Als drittes Projekt wurde "Challenge 2000" aus Großbritannien präsentiert. Dabei handelt es sich um eine virtuelle Reise um die Welt in einem Heißluftballon. Kinder, die daran teilnehmen, steuern insgesamt 10 bedeutende Orte auf der ganzen Welt an. Welche Städte das sind, müssen sie selbst herausfinden. Dazu müssen Aufgaben aus den verschiedensten Wissensbereichen gelöst werden. Eric Tibble und John Davies stellten dieses britische Pilotprojekt vor.
Wolfgang Weber betonte einmal, dass mit der Auswahl der drei vorgestellten Projekte keineswegs eine Rangordnung verbunden sei. Es sollten lediglich einige kennzeichnende Merkmale herausgearbeitet werden, um zu zeigen, welche Möglichkeiten die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien eröffnen: grenzüberschreitende Kommunikation und Kooperation, verbesserte Lernprozesse, ein abwechslungsreiches Lernen mit allen Sinnen oder auch eine höhere Motivation der Schülerinnen und Schüler.
Die Vorträge knüpften nahtlos daran an. Don Passey von der Lancaster University sprach über Kriterien für guten Multimedia-Unterricht. Es komme vor allen Dingen darauf an, so Passey, dass man sich über die eigenen Unterrichtsziele Klarheit verschaffe. Ausgehend von verschiedenen Stufen der Wissenbehandlung: Aneignung, Zusammenfassung, Verstehen, Analyse, Synthese und Evaluation, müsse man sich im Vorfeld überlegen, auf welchen Niveau man die Kinder mit PC und Internet arbeiten lasse. Die Mitte zwischen Über- und Unterforderung ist nicht immer einfach zu finden. Gelingt dies aber, so würden die Kinder nicht nur zusätzliches Wissen mit nach Hause nehmen, sondern auch mehr Selbstwertgefühl durch erlebte Kompetenz. Passey wies aber auch auf offene Fragen hin. Wie zum Beispiel können die Lernergebnisse langfristig gespeichert und zugänglich gemacht werden. Ein Aufgabenheft könne man jederzeit aufschlagen. Viele Kinder aber hätten nicht jederzeit Zugang zum Computer.
Die Pädagogin Gail Marshall aus den USA wies in ihrem Vortrag auf die Schwierigkeiten hin, die sich bei internationalen Kooperationen einstellen könnten. Lehrer aus verschiedenen Ländern mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen und verschiedenen Lehr- und Lernansätzen müssen sich zunächst über die eigenen Erwartungen austauschen, um Frustrationen zu vermeiden und den Erfolg eines gemeinsamen Projekts nicht zu gefährden. Zwar befürwortete sie grenzübergreifende Projekte, ihre Erfahrungen hätten ihr aber gezeigt, das viel Abstimmungsarbeit notwendig sei. In diesem Zusammenhang stellte sie heraus, das behavioristische Lerntheorien in den USA sehr verbreitet seien. Das erschwere eine Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen aus Europa, die konstruktivistische Ansatz favorisierten. Lernen durch Belehrung, Wiederholung und Belohnung oder durch selbstständiges Entdecken und kreatives Problemlösen? Eine Zusammenarbeit erfordert viel Abstimmungsarbeit.
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