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Leistungsmessung im projektorientiertem
Informatikunterricht
Marco Thomas
Universität Potsdam
Diese Seite soll als Anregung zur Diskussion und Entwicklung
lernzielorientierter Formen zur Leistungsmessung an allgemeinbildenden
Schulen dienen. Beiträge sind ausdrücklich erwünscht.
Bei Interesse an einer ausführlicheren Mitarbeit,
kann ein Account für
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"Die Schule ist einem pädagogischen Leistungsprinzip
verpflichtet, das Leistungsanforderungen [der Gesellschaft] mit individueller
Förderung verbindet" [SI S. 56], und erfordert daher auch im projektorientierten
Unterricht eine individuelle Leistungsbewertung, deren Grundlage die Leistungsmessung
bildet. Der projektorientierte Informatikunterricht bietet - stärker
als andere Unterrichtsformen und Fächer - die Möglichkeit, neben
der Messung fachlicher Leistungen, vor allem Aussagen - und damit Hilfen
- zur individuellen Entwicklung des Schülers zu treffen und
in den Unterricht zu integrieren.
Für Leistungsmessungen lassen sich die folgenden
Leitlinien nennen:
-
Aufstellung lernzielbezogener Kriterien
-
Durchführung regelmäßiger
und dokumentierter Messungen
-
Gewinnung informativer Erkenntnisse
für Schüler und Lehrer
Die 1. Leitlinie erfordert
die Beschäftigung mit Lernzielen. Aufgestellte Lernziele
lassen sich nach Lernzieldimensionen und Lernzielhierarchien
entsprechend ihrem Anspruchsniveau gliedern [Hannappel S. 101 ff]. Diese
erleichtern die Überprüfung, Ausformulierung und Erfolgskontrolle
von Lernzielen.
Lernzieldimensionen unterscheiden in:
-
kognitive Lernziele, die sich auf Wissen und Denkfähigkeiten
beziehen,
-
affektive Lernziele, die sich auf Einstellungen und Wertungen
beziehen und
-
psychomotorische Lernziele, die sich auf motorische Fertigkeiten
beziehen.
Die Lernzielhierarchien gliedern Lernziele entsprechend
ihrem Schwierigkeitsgrad.
für kognitive Lernziele
nach Benjamin S. Bloom
(Kriterium: Komplexität) |
Deutscher Bildungsrat
(Kriterium: Selbstständigkeit d. Schülers) |
Anforderungsbereiche der Abiturprüfung [vgl. GOSTV
S. 19] |
-
Kenntnisse
-
Verständnis
-
Anwendung
-
Analyse
-
Synthese
-
Beurteilung
|
-
Reproduktion (und Verständnis)
-
Reorganisation
-
Transfer
-
Problemlösung
|
-
Wiedergabe von Kenntnissen
-
Anwenden von Kenntnissen
-
Problemlösen und Werten
|
für affektive Lernziele
nach Krathwohl
(Kriterium: Grad der Internalisierung) |
d. h. |
-
Aufmerksamwerden/Beachten
-
Reagieren
-
Werten
-
Organisation
-
Charakterisierung durch einen Wert oder eine Wertstruktur
|
-
auf ein Verhalten aufmerksam werden
-
Bereitschaft zu einem bestimmten Verhalten
bzw. zu einer Verhaltensänderung zeigen
-
das intendierte Verhalten zeigen
-
Einordnung in eigene Wertvorstellungen
-
das Verhalten verinnerlichen
|
für psychomotorische Lernziele
nach Dave (Kriterium: Grad der Koordination) |
d. h. |
-
Imitation
-
Manipulation
-
Präzision
-
Handlungsgliederung
-
Naturalisierung
|
-
Nachahmen
-
Nachmachen
-
Selbstständig, präzise ausführen
-
Koordination versch. Handlungen
-
Automatisches Ausführen
|
Der Grad einer Leistung zu einem bestimmten Lernziel
resultiert jedoch nicht nur aus der Schwierigkeit des Lernziels, sondern
auch aus der Schwierigkeit des Lernvorgangs [vgl. Hannappel S. 105]. Letzteres
berücksichtigt u. a. die Komplexität der Sache, den vorangegangenen
Unterricht, den Bekanntheitsgrad der Aufgabenform , die Selbständigkeit
der Schüler und die vom Lehrer bereitgestellten Hilfen.
Folglich bleibt es Aufgabe des Lehrers, mit einem an den
Unterrichtsvoraussetzungen orientiertem System, das Niveau seiner
Leistungsanforderungen zu kontrollieren und "objektive" Leistungsmessungen
zu ermöglichen.
Es wird nun ein Beispiel mit allgemein gehaltenen
Aspekten zu verschiedenen Lernzielen vorgestellt, die für eine projektorientierte
Unterrichtssequenz im Informatikunterricht geeignet erscheinen (kein Schema!).
Hierbei wird ersichtlich, dass eine eindeutige Zuordnung eines Lernzieles
zu einer bestimmten Dimension selten möglich ist, sondern meist nur
eine Dimension überwiegt. Trotzdem wurde die eventuell erreichte Hierarchiestufe
nach Bloom, Krathwohl bzw. Dave angegeben, um die obigen Ausführungen
zu verdeutlichen. Bei einer Konkretisierung und Operationalisierung (Aufstellung
von Indikatoren [s. Hannappel S. 96]) der Lernziele, sollten sich mehr
Lernziele geringeren Schwierigkeitsgrads ergeben, als Lernziele höheren
Anspruchniveaus.
-
Fachliche Kompetenz
-
bestimmte, gelernte Einzelheiten wiedergeben (Kenntnis)
-
getroffene Absprachen unter Benutzung der Fachsprache erläutern
(Verständnis)
-
Verwendung einer fachlich angemessenen, aus dem Unterricht
bekannten Methode (Anwendung)
-
Effizienz der angewendeten Arbeitsmethode (Analyse)
-
Bewältigung unerwarteter Schwierigkeiten (Synthese)
-
Einordnung und Reflektion der verwendeten Lösungsmethode
oder des Gelernten (Beurteilung)
-
sachliches und richtiges Lösen der Aufgaben
-
Originalität der Aufgabenlösungen
-
Dokumentation
-
Vollständigkeit
-
Klarheit der Darstellung (Synthese)
-
logische und sachliche Korrektheit
-
Gestaltung, anschaulich, originell
-
termingerechte Erstellung
-
Präsentation
-
klargegliederte Ausführungen
-
Beherrschung der Fachsprache (Anwendung)
-
verständliche Aussprache (Psychomotorik)
-
sicheres Auftreten und Verhalten
-
freies Sprechen
-
Angemessenheit des Medieneinsatzes
-
Einhaltung von Zeitbegrenzungen
-
Erreichung der Ziele der Präsentation
-
Gruppenarbeit (soziale Aspekte)
-
Erkennen, dass zuhörenden Mitschülern zugehört
wird (Aufmerksamwerden)
-
Bemühen um Erzeugung entspannter Atmosphären durch
lachen, scherzen (Reagieren)
-
Zeigen von Solidarität durch bestärkendes oder
helfendes Tun (Werten)
-
Einsetzen für gemeinsame Ziele unter Unterordnung eigener
Interessen (Organisation)
-
Eintreten für eigene Ansichten (Organisation)
-
Orientierung, Information, Wiederholung, Bestätigung
einholen
-
Motivation anderer Gruppenmitglieder
-
Eingehen auf Meinungen anderer
-
Organisation/Planung:
-
Bereitschaft etwas zu tun oder zu denken (Reagieren)
-
Einhaltung von Verabredungen (Organisation)
-
Konkretisierung der Gesamtaufgabe
-
Planung der Arbeit
-
Planung von Kontrollen
-
Koordinierung von Arbeiten
-
Kontrolle des Arbeitsablaufes und der Ergebnisse
-
Vertrautheit mit der erforderlichen Hard-/ Software und anderen
Hilfsmitteln
-
Starten eines Hard/Softwaresystems entsprechend einer Anleitung
(Manipulation)
-
selbständige Verwendung der Maus zum präzisen Markieren
einer Textstelle (Präzision)
-
selbständige, koordinierte Benutzung eines mausunterstützten
Texteditors (Handlungsgliederung)
-
selbständige, automatische Benutzung von Bedienungselemente
einer Software (Naturalisierung)
-
Angemessenheit der Reaktion auf Rückmeldungen des Systems
-
Zweckmäßigkeit der Organisation am Gerät
-
Weitere Aspekte
-
Auseinandersetzung mit der Mensch-Maschine-Beziehung (Reagieren)
-
Einbringen von Kenntnissen aus nicht-informatischen Fachbereichen
Die 2. Leitlinie
verlangt eine angemessene Organisation der
Leistungsmessung.
Zu den traditionellen Formen der Leistungsmessung
gehören:
-
Klausur
-
Tests oder Kurzarbeiten
-
Protokoll
-
mündliche Beiträge
-
Hausaufgaben
-
Referate
-
Facharbeit
-
Dokumentation
-
Kolloquium
-
praktisch-gestalterische Arbeiten
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(z. B. Analyse eines Problems und Entwurf zu Teilaspekten)
(u. a. Ermittlung der Bereitschaft zur Mitarbeit am Projekt)
(Was wurde getan, was soll getan werden?)
(innerhalb der Arbeitsgruppen, zur Diskussion,
...)
(u. a. sollte die Bereitschaft zur Bearbeitung bewertbar
sein)
(z. B. zum Arbeitsstand)
(z. B. als Arbeitsgrundlage eines Teilprojektes)
(als Gemeinschaftsarbeit mit erkennbaren individuellen Anteilen)
(Vorbereitung auf die mündliche Abiturprüfung)
(z. B. am Computer; auch in der Abiturprüfung)
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Viele Lernziele lassen sich mit diesen Formen nur schwer
messen, so dass verschiedene Formen der Leistungsmessung eingesetzt/entwickelt
werden müssen. Der Einsatz vielfältiger Arbeitsformen berücksichtigt
auch die unterschiedlichen Neigungen und Fähigkeiten der Schüler,
wobei jeder Schüler Gelegenheit zum Durchführen möglichst
vieler Formen bekommen sollte.
Im Informatikunterricht können bei der Durchführung
von Projekten fachspezifische Leistungen mittels dokumentierter Zwischenergebnisse
zu den Phasen eines modifizierten Software-Lebenszyklus gemessen werden,
so dass nicht nur das Projektergebnis in die Bewertung einfliesst, sondern
ebenso der Projektverlauf.
Die Moderatorfunktion, auf die sich der Lehrer in
einem Projekt zurückziehen kann und soll, lässt eine Beobachtung
des Lernprozesses zu, so dass insbesondere Leistungen zu affektiven und
psychomotorischen Lernzielen gemessen werden können.
Das Verwenden einer Checkliste während der Nachbereitung
des Unterrichts erscheint als zweckmäßige Methode zur objektivierten
Sicherung von Leistungen; insbesondere zu nicht schriftlich fixierten Schülerbeiträgen.
Um Mißverständnissen vorzubeugen: es ist nicht beabsichtigt,
dass der Lehrer mit einer Checkliste von Schülergruppe zu Schülergruppe
wandert und einzelne Aspekte "abhakt". Dies würde die Ziele des projektorientierten
Unterrichts unerreichbar machen.
Folgende Fragen wären an dieser Stelle noch zu erörtern:
-
Welche Formen sind für welche Lernzielkategorien geeignet
?
-
Welche, auch über die traditionellen Formen hinausgehenden,
Varianten zur Leistungsmessung sind für den projektorientierten Informatikunterricht
denkbar?
-
Wie läßt sich die Verwendung von Werkzeugen bei
der / zur Leistungsmessung integrieren?
-
Welche Indikatoren sind für bestimmte Lernzielzielkategorien
geeignet?
-
Wer führt die Leistungsmessung durch? (Selbstbewertung
der Schüler?!)
-
Bis zu welchem Anteil sollten gemeinschaftlich erbrachte
Leistungen einer Gruppe benotet werden?
Die 3. Leitlinie stellt
die Frage nach dem Sinn und Zweck von Leistungsmessungen.
Leistungsmessungen dienen
-
dem Lehrer zur Planung und Steuerung des Unterrichtsverlaufes,
-
dem Schüler zur Einordnung seiner Leistungen und
zur Planung seiner Laufbahn und
-
der Gesellschaft zur Einordnung der Fähigkeiten des
Schülers.
Die Beurteilung einer Leistung, also die Zuordnung von Punkten
oder einer Zensur, ergibt sich aus der Anforderung, die im Lernziel formuliert
ist und dem Grad der erbrachten Leistung unter Berücksichtigung der
Lehr- und Lernvoraussetzungen. Die Beurteilungskriterien (die sich an der
Hierarchisierung der Lernziele orientieren können) sollten den Schülern
für kognitive Lernziele, als auch für affektive und psychomotorische
Lernziele, bekannt gemacht werden (z. B. Grad der Selbständigkeit
bei der Nutzung des Texteditors). Die vorgenommene Beurteilung, und damit
die Gewichtung der Ergebnisse der Leistungsmessung, sollte nach Abschluss
des Projektes gegenüber den Schülern detailliert begründet
werden [vgl. GOSTV S. 10ff].
Anmerkung:
Ein Problem der Gruppenarbeit ist die Vermischung von
individuellen Leistungen mit Faktoren, die von anderen Mitgliedern der
Gruppe bestimmt werden.
Literatur:
[Baumann] Baumann, R.: Leistungsmessung im Informatikunterricht,
LOGIN 4/1986
[GOSTV] Verordnung über die Ausbildung und Prüfung
in der gymnasialen Oberstufe des Landes Brandenburg, Juni 1997
[Hannappel] Hannappel, H.: Lehren lernen. Kamps pädagogogische
Taschenbücher. 3. Aufl., Bochum 1992
[Körber] Körber, B.: Leistungsmessung bei der
Projektarbeit, LOGIN 5/6 1992
[Lehmann] Eberhard Lehmann, Leistungsbewertung bei der
Projektarbeit, LOGIN 5/6 92
[Möller] Möller, B.: Analytische Unterrichtsmodelle.
Ergebnisse und Probleme der Lernorganisation. 2. Aufl., München 1971
[SI] Richtlinien und Lehrpläne für das Gymnasium
- Sekundarstufe I - in NRW, Informatik, 1993
Frey, Karl: Die Projektmethode, Beltz Grüne Reihe,
90, Weinheim
Peterßen, W. H.: Handbuch Unterrichtsplanung, Ehrenwirth,
7. Aufl., München 1996
Richtlinien für die gymnasiale
Oberstufe in NRW - Informatik, 1981
Sadeger, Joseph: Zur Beurteilung schulischer Gruppenarbeit,
in: Erziehung und Unterricht, Heft 9/93
Vorläufiger Rahmenplan des Landes Brandenburg; Informatik
in der GOST, Juni 1992
Copyright Marco
Thomas, Universitaet Potsdam, Lehrstuhl Didaktik der Informatik
08.03.1998 Diese Materialien koennen im Unterricht
und zum Zwecke der Lehrerfortbildung genutzt und vervielfaeltigt werden.
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Benutzer: gast
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