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Wolfgang Coy

Geist & Körper – Programm & Maschine

 Vortrag auf der GI-FIBBB  - Berlin

26.02.2004
4. Tagung der GI-Fachgruppe "Informatik-Bildung in Berlin und Brandenburg"

Intelligenz wird in der europäischen Tradition als Funktion des menschlichen Geistes gesehen. Das „Body-Mind“-Problem thematisiert den Zusammenhang bzw. die Trennung von Geist und Körper . In der wissenschaftlich kaum noch vertretenen dualistischen Sicht sind Geist und Körper wesensfremd. In den monistischen Sichten ist Geist eine Funktion des Körpers.

Das eher im angelsächsischen  Denken beheimatete Body-Mond Problem wird meist mit dem Wortpaar „Geist-Körper“ übersetzt. Es greift dabei auf die ältere Trennung „Leib-Seele“ zurück, eine Fragestellung, die von den Naturwissenschaften als „unwissenschaftlich“ eingestuft wird, kulturell aber eine lange Tradition besitzt und historisch bedeutende Wirkungen entfaltete.

Durch diesen Platzverweis ist die seltsame Situation entstanden, dass das Leib-Seele-Problem, wenn es denn als Frage akzeptiert ist, typischerweise dualistisch beantwortet wird, das Geist-Körper-Problem dagegen typischerweise monistisch – wenngleich in einer Reihe unterschiedlicher Varianten.

Der Mainstream der Künstlichen Intelligenz-Forschung hat die monistische Sichtweise der Einheit von Körper und Geist banalisiert, indem sie Intelligenz als symbolische Struktur auffasst, die unabhängig vom materiellen Träger, einem Körper oder einem Rechner, sensorische Daten „intelligent“ in Aktionen dieses Trägers umsetzt. Das duale Paar „Körper/Geist“ wird so zu „Programm und Maschine.“

Die weitere Unterscheidung von „Geist“ und „Bewusstsein“ wird in der KI-Forschung unterschiedlich gehandhabt. Im Regelfall wird intelligentem Handeln zwar eine Nähe zum „Geist“, aber nicht zum „Bewusstsein“ unterstellt – es gibt allerdings einige Evolutionstheoretiker, die Bewusstsein als quasi notwendig emergente Folge der Intelligenz unterstellen.

KI-Forschung hat sich lange Zeit aus technischen Beschränkungen mit der Konstruktion "intelligenter Programme" begnügt und hat sich damit das „Geist/Körper“-Problem nur einseitig gestellt. U.a. durch die Verbreitung sensorisch gesteuerter Roboter hat sich diese Vorgehensweise gewandelt. Es gibt inzwischen eine Vielzahl von selbständig in realen Umgebungen agierenden programmierten Maschinen, für die der Anspruch besteht, sie handelten intelligent. Als neue Herausforderung zeigen sich Interaktion und Kooperation.

Die Abbildung des Intelligenz-Begriffs auf ein einzelnes System oder Programm wird zunehmend fragwürdiger, ebenso wie  die Vorstellung, man könne Intelligenz in einem Programm fassen, das die Aktionen einer Maschine regelt.



Prof. Dr. Wolfgang Coy
Geboren 1947. Studium der Elektrotechnik, Mathematik und Philosophie an der TH Darmstadt. Abschluß 1972 als Diplomingenieur der Mathematik (Dipl.-Ing. math.). 1975 Promotion zum Dr. rer.nat. mit einer Dissertation über die Komplexität von Hardwaretests.
Wissenschaftliche Tätigkeiten an der TH Darmstadt, den Universitäten Dortmund, Kaiserslautern und Paris VI. Von 1979 bis 1996 Professur für Informatik an der Universität Bremen. Seit 1996 Professur für Informatik an der Humboldt-Universität zu Berlin.

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